Buch "Getting to YES: Negotiating Agreement Without Giving In" / Roger Fisher, William Ury, Bruce Patton; Second Edition von 1992.
Lektüre-Notizen:
- Einführung:
- Alles Leben ist Verhandeln. Verhandeln kann aber schnell frustrieren, mindestens eine der verhandelnden Seiten. Wer zu hart verhandelt, verscherzt sich Beziehungen und endet vielleicht bei "no deal"; wer zu weich verhandelt, landet bei Ergebnissen zum eigenen Nachteil und gibt sich als williger punching ball zu erkennen. Das Buch verspricht einen Dritten Weg: principled negotation.
- "The Problem":
- Der Wert einer VerhandlungsStrategie bemisst sich an ihrem Vermögen, effizient (schnell?) zu weisen (dem verhandelten SachProblem gerechten, nachhaltigen, einvernehmlich-stabilen), freundschaftlichen (die Beziehung der Verhandlungspartner ist nicht belastet, ist vielleicht sogar gebessert) Lösungen zu führen.
- Verbreitet, gegenüber diesem Kriterien-Katalog aber fragwürdig, ist das positional bargaining: Jeder VerhandlungsPartner nimmt eine Position ein und beharrt auf dieser mehr (hartes Verhandeln) oder weniger (weiches Verhandeln) streng. Mindestens eine der beiden Seiten muss schrittweise nachgeben, bis die Angebote und Forderungen beider Seiten sich treffen.
- Probleme des positional bargaining: Es gerät zum Beziehungs-schädigenden personalisierenden Kräfte-Messen, wer siegt/verliert. Verhandelt wird mit abnehmendem Sach-Interesse und steigendem Interesse, das Gesicht zu wahren. Wer eine Position aufgibt, gibt sich zum RumSchubsen frei. Zugleich Incentive, eigene Position extremer zu wählen als sachlich nötig, zugunsten einer genehmeren finalen Kompromiss-"Mitte".
- Im positional bargaining ist jedes Angebot schwerwiegende Entscheidung, weil es eigene Position unwiederbringlich aufgibt, die GegenSeite stärkt: Incentive, so lang zu verharren als möglich; daraus Ausdehnung der VerhandlungsZeit oder VerhandlungsAbbruch. Positional bargaining fördert Unehrlichkeit über Interessen/Zwänge und damit SachFragen-unangemessene VerhandlungsErgebnisse. Auch wer zur BeziehungsSchonung weich verhandelt, verhandelt am SachInteresse vorbei, also leicht zum unweisen Ergebnis.
- Alternative: im Rahmen des groß klingenden "Harvard Negotation Project" entwickelte principled negotation bzw. negotation on the merits. Charakterisiert durch vier Punkte:
- People: Trenne Beziehungs-Fragen von Sach-Fragen. Kläre Beziehungs-Fragen unabhängig von Sach-Fragen. Beim Verhandeln selbst soll es nicht um die Pflege einer Sympathie oder Machtbeweise gehen, sondern um für beide Seiten möglichst nützliche Lösung. VerhandlungsPartner sollten sich nicht als Gegner oder Freunde sehen, sondern als emotional zueinander neutrale Kooperateure über einem SachProblem als gemeinsamer Herausforderung.
- Interests: Bei Verhandlung sollen statt (zu verteidigenden oder nachzugebenden) Positionen die Interessen der VerhandlungsPartner im MittelPunkt stehen. (Daraus folgt größere Flexibilität in den Angeboten und Verhandlungs-Optionen. Zu Positionen gibt es nur Ja oder Nein bzw. Mehr oder Weniger, zu Interessen gibt es potentiell verschiedene Befriedigungs-Möglichkeiten.)
- Options: Zur Verhandlung möglichst viele alternative Vorschläge, Möglichkeiten zum beiderseitigen Nutzen mitbringen / in petto haben.
- Criteria: Sich auf möglichst "objektive" Kriterien jenseits eines "weil ich das so sage" für ein zu erreichendes Verhandlungs-Ergebnis einigen, etwa "Markt-Wert, Experten-Meinung", sittliche Konvention.
- Einer Verhandlung ist entlang dieser vier Punkte in drei Etappen zu begegnen:
- Stufe der Analyse: Vergegenwärtige dir im Voraus potentielle Beziehungs-Issues, die in die Verhandlungen reingrätschen könnten; die Interessen der Beteiligten; die bisher bekannten Optionen und Kriterien für ein gutes Verhandlungs-Ergebnis.
- Stufe der Planung: Immer noch im Voraus – erwäge: Wie mit den Beziehungs-Issues umgehen? Wie meine Verhandlungs-Ziele bzw. Interessen priorisieren? Womit die Liste der Optionen und Kriterien erweitern?
- Stufe der Diskussion: Während der Verhandlung vorrangig eben dieselben vier Punkte diskutieren: Wo grätschen uns unsere zwischenmenschlichen Issues oder Perspektiv-Unterschiede in eine Problem-Lösung hinein? Was sind denn eigentlich unsere Interessen in dieser Verhandlung? Welche Optionen fallen uns ein? Auf ein Ergebnis welchen Standards wollen wir hinaus?
- "The Method":
- "Separating the People from the Problem":
- Oft geht es bei Verhandlungen nicht nur um den konkreten Verhandlungs-Gegenstand, sondern auch um die langfristige Entwicklung der Verhandlungs-Beziehung zwischen den Verhandlungs-Partnern. Es kann rationale Gründe geben, die Beziehungs-Pflege über das Verhandlungs-Ergebnis zu stellen, etwa beim Aufbau einer längerfristigen GeschäftsBeziehung.
- Wege zur problematischen Vermengung von Verhandlungs-Gegenstand und persönlicher Beziehung: einen zu lösenden SachVerhalt der Persönlichkeit des VerhandlungsPartners anlasten, oder umgekehrt die Benennung eines SachProblems als persönliche Anklage lesen bzw. als Schlüssel für Motive und Haltung des VerhandlungsPartners.
- Wenn möglich, entwickle die zwischenmenschliche Beziehung zum VerhandlungsPartner Verhandlungs-extern, z.B. über gemeinsame externe Interessen. Es verhandelt sich leichter mit Leuten, mit denen man sich schon einigermaßen auskennt, eine gemeinsame KommunikationsBasis besitzt.
- AllzuMenschliches, das erfolgreichem Verhandeln in den Weg geraten kann, und wie damit umgehen:
- Wahrnehmungs-Unterschiede. Beide Seiten haben ihre Subjektiven, und letztlich verhandelt man mit diesen Subjektiven, nicht mit irgendeiner objektiven Wahrheit.
- Lerne die Subjektive des VerhandlungsPartners kennen, die Unterschiede in Wahrnehmung und Bewertung, und welche Punkte ihm wie wichtig sind. Versetze dich in ihn hinein.
- Lass dich nicht übermäßig von deinen Ängsten und Antipathien leiten in der Einschätzung der Motive des VerhandlungsPartners. Misstrauen kann seinen Nutzen haben, aber übermäßiges verbaut Einigungs-Möglichkeiten.
- Unterlasse SchuldZuweisungen gegenüber dem VerhandlungsPartner, denn die bringen ihn in eine Defensive, die Einigungen und gegenseitiges Verständnis erschwert.
- Mach die dich leitenden Motive und Einschätzungen explizit, insbesondre auch die, bezüglich derer der VerhandlungsPartner ein Interesse äußert. Vielleicht nagt an ihm ein Bedürfnis, das dir zu harmlos/trivial erscheint, um es überhaupt zur VerhandlungsMasse zu zählen, für ihn aber eine der GrundFragen der Verhandlung stellt.
- Handle gegenüber Verhandlungs-behindernden Erwartungen des VerhandlungsPartners dir gegenüber überraschend. Wenn er denkt, du seiest sein Feind, handle freundschaftlich.
- Gib VerhandlungsPartnern MitSprache bzw. ermögliche ihnen MitGestaltung beim VerhandlungsErgebnis, um sie zu StakeHoldern zu machen, ihnen ein Gefühl der KoAutorenschaft gegenüber dem Resultat zu geben, dann stehen sie auch stärker dahinter.
- Gib dem VerhandlungsPartner Raum, das VerhandlungsErgebnis sich selbst und Anderen gegenüber als vereinbar mit seinen Zielen und Werten zu verkaufen, sein Gesicht zu wahren.
- Emotionalität. Emotionen fließen zwangsläufig mit ein in die Verhandlung.
- Vergegenwärtige und notiere dir deine eigenen Verhandlungs-beeinflussenden Emotionen, und versuche dasselbe mit denen des VerhandlungsPartners. Äußere deine Verhandlungs-beeinflussenden Emotionen explizit, und erlaube das auch dem VerhandlungsPartner, erkenne dessen Emotionen als legitim an. Gewähre oder schaffe Ventile, Verhandlungs-beeinflussende Emotionen abzulassen.
- Gerade eine Klage- oder Wut-Rede eines Politikers kann einer nüchterneren Verhandlung dienen, insoweit sie dessen Wählerschaft emotional befriedigt, deren GefühlsHaushalt infolge nicht mehr ganz so drastisch auf seiner VerhandlungsFreiheit lastet.
- Halte dich mit dem Ausdruck eigener Emotionen zurück, wenn der VerhandlungsPartner gerade seine Emotionen ablässt, zur Vermeidung von gegenseitiger Aufschaukelei und Drama-Spiralen. Lass den VerhandlungsPartner sich entladen, bis er wirklich alles losgeworden ist, was auf seinem Gemüt lastet. Frage im Zweifel lieber noch mal nach, ob es da noch mehr gibt.
- Mangel an Kommunikation oder Kommunikations-Missverständnisse während der Verhandlung. Manchmal hört eine Seite ja auch gar nicht mehr zu, sondern verhandelt nur noch zur Show für Dritte.
- Höre aktiv zu. Wiederhole, was du verstanden hast, und frage bei VerständnisLücken nach. Mache dem VerhandlungsPartner deutlich, dass du seine Position verstehst, argumentiere sie so gut durch, als wäre es deine eigene. Wenn du sie dann noch kontern kannst, ist das viel überzeugender, als wenn du den Eindruck weckst, die Argumente des VerhandlungsPartners gar nicht verstanden zu haben.
- Visualisiere den VerhandlungsPartner als RichterKollegen, mit dem gemeinsam es einen Fall zu beurteilen gelte, statt als Gegner. Nicht sich am Tisch gegenüber, sondern nebeneinander sitzen, den zu bearbeitenden Vertrag gemeinsam vor sich haben. An gemeinsame Interessen und Hintergründe appellieren, so die gegeben sind.
- Lieber nur unter sich als VerhandlungsPartner verhandeln statt mit einem Publikum, so muss man nicht für Dritte noch eine Rolle spielen muss.
- Statt in Vorwürfen nur in SelbstDiagnosen sprechen, "ich fühle mich diskriminiert" statt "du diskriminierst mich".
- Sei dir stets bewusst, warum du etwas kommunizierst, überschwemme den VerhandlungsPartner nicht mit einem ungefilterten BewusstseinsStrom.
- "Focus on Interests, Not Positions":
- Ein gegenseitiges Ermitteln der Interessen der VerhandlungsPartner kann gemeinsame oder sich ergänzende Interessen aufdecken, die eine Einigung erleichtern. Die Ermittlung sich entgegenstehender Interessen offenbart das eigentliche Sach-Problem einer Verhandlung.
- Interessen-Ermittlung läuft übers "Warum?"-/"Warum nicht?"-Fragen, entweder direkt an den VerhandlungsPartner (dann aber bitte um eine Formulierung bemühen, die ehrlichen WissensDurst statt RechtfertigungsDruck ausdrückt) oder übers informierte Mutmaßen über diesen, vor allem entlang von Achsen wie:
- Was hat der VerhandlungsPartner durch Zusage eines spezifischen Angebots / Gewährung einer spezifischen Forderung zu gewinnen/zu verlieren?
- Wie ließe das den VerhandlungsPartner vor seinem Umfeld oder gar den Leuten, die er vertritt, dastehen?
- Würde es für den VerhandlungsPartner vor- oder nachteilhafte Präzedenzien schaffen?
- Kann der VerhandlungsPartner mit einem für ihn genehmeren Angebot rechnen, wenn er erstmal Nein sagt?
- Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, Sicherheit, Wohlstand, Anerkennung.
- Bedenke: Ein VerhandlungsPartner wird stets von mehreren Interessen getrieben, muss vielleicht in verschiedene Richtungen Rücksicht nehmen. Will man ihn verstehen, muss man differenzieren lernen, darf ihn nicht als Monolithen denken. Man mache sich Listen der verschiedenen in Frage kommenden Faktoren.
- Schildere deine eigenen Interessen deutlich/plastisch, und zwar noch deiner Forderung/einem Vorschlag vorausgehend; erkennt der VerhandlungsPartner die Interessen an, muss er so auch die Position als deren Folge ernster nehmen, während er, wäre die AbFolge umgekehrt, bereits von der Position in die Defensive gedrängt wäre und dem Interesse dahinter die Ohren versperren täte.
- Widme den Interessen des VerhandlungsPartners Aufmerksamkeit und Sympathie. Sei menschlich umso zuvorkommender, je strenger du auf der Anerkennung deiner eigenen Interessen beharrst. Das schafft im VerhandlungsPartner kognitive Dissonanz zwischen der Harmonie im Menschlichen und der Disharmonie im Sachlichen und Motivation, selbige durch Schaffung sachlicher Harmonie aufzulösen.
- Setze Verhandlungs-Positionen als Illustration deiner Interessen, nicht als deren einzige mögliche Ausformulierung. Sage "ich könnte mir z.B. dieses oder jenes vorstellen", das konkretisiert deine Interessen, aber lässt Raum für alternative Vorschläge.
- "Invent Options for Mutual Gain":
- Erfindung einer Vielheit an Optionen ist im Verhandeln vorteilhaft, aber oft hürdenreich. Hürden und Möglichkeiten, ihnen zu begegnen:
- Voreiliges AusSchließen von Optionen, bedingt einerseits durch den kopfeigenen Kritikaster, andererseits potentiell durch die Gegenwart eines VerhandlungsPartners, der ein lautes NachDenken über Optionen bereits als Zugeständnis derselben werten oder daraus nachteilsbringende Schlüsse über InformationsStand, AngriffsPunkte o.ä. des NachDenkenden ziehen könnte.
- Antwort: explizit eigentlichem Verhandeln getrennt vorangestelltes BrainStorming über Optionen und LösungsAnsätze, mit strengem Ideen-Kritik-Verbot (selbst schlechte Ideen haben ihren Wert, denn in ihrem AufeinanderPrallen können gute neue Ideen entstehen), Sammeln der Einfälle, erst danach vorsichtiges Filtern der Einfälle, Verbessern der attraktivsten, schließlich Einigung auf einen Termin wo die zur eigentlichen Verhandlungen mitzubringenden gewählt werden.
- Weitere operationelle Tipps: Brainstormer in einem HalbKreis um Ideen-Sammel-Tafel sammeln (man faced sich nicht zwischenmenschlich, sondern gemeinsam den SachVerhalt); Gruppe fünf bis acht Leute groß und mit Moderator; ein dem normalen Trott fernes und informell gestaltetes Umfeld.
- Schwierig, aber gewinnbringend, wenn es klappt: Einbindung von Vertretern der anderen VerhandlungsSeite ins BrainStorming, deren Perspektive den IdeenRaum enorm Richtung VerhandlungsErfolg erweitern kann; man muss hier umso klarer machen, dass das BrainStorming noch nicht die Verhandlung ist, z.B. indem man offenkundig unrealistische oder alternative bis sich ausschließende Optionen als Ideen-Futter mit in den Raum wirft.
- Neigung zur Reduktion der Optionen auf wenige oder eine einzige, oft aus der Annahme heraus, das vereinfache eine Verhandlung, oder eine gegebene Option sei schon die bestdenkbare, man brauche nicht weiter suchen.
- Antwort: Methoden, Optionen / Lösungs-Vorschläge zu inflationieren:
- Etwa indem man gegebene als Vertreter eines allgemeineren Ansatzes oder einer allgemeineren Diagnose diagnostiziert und aus dieser Abstraktion alternative Konkretionen herzuleiten versucht.
- Indem man Experten verschiedener FachBereiche (oder wenigstens innerliche Repräsentationen derselben) auf das Problem schauen lässt und nach ihren Diagnosen und Lösungs-Ansätzen fragt.
- Indem man Lösungen entlang von Intensität und Reichweite auffächert (eine finale oder mehr oder weniger temporäre Lösung, oder eine Lösung nur für einen TeilBereich). Es kann auch helfen, eine VerhandlungsMasse übers Bisherige hinaus zu vergrößern – eine Lösung mag akzeptabler werden, wenn bisher unbeachtete andere Faktoren mit eingebunden werden; den Deal versüßen durch Zusatz-Angebote.
- Annahme eines NullSummenSpiels; es ginge nur ums AufTeilen eines beschränkten Kuchens, so dass jedes Mehr für die eine Seite ein Weniger für die Andere bedeute.
- Antwort: Optionen gemeinsamer Interessen-Erfüllung, Suche nach Wegen der Kooperation, zu einem gemeinsamen VerhandlungsZiel erhebbaren gemeinsamen Interessen (BeziehungsPflege, Schaden bei VerhandlungsAbbruch, geteilte Ethik), bzw. produktiv verschränkbaren "dovetailing" Unterschieden, z.B. in Prioritäten (Zeit vs. Geld, Eile vs. Dauer), Risiko-Schätzungen (Käufer hält Aktie für steigend, Verkäufer für fallend). So Raum für sich ergänzendes "kleines Zugeständnis für ihn, großer Nutzen für sie".
- Kann man verschiedene Angebote gleicher Kosten für einen selbst machen, so unterbreite man sie alle und frage VerhandlungsPartner nach demjenigen, das ihn am Wenigsten abschreckt (ohne dass er es bereits akzeptabel finden muss); aus dieser Präferenz kann man neue für einen selbst duldbare Vorschläge pfeilen, zwischen denen man dann die selbe Wahl abhalten lassen kann, usw.
- Widerstand dagegen, nach Vorteilen für den VerhandlungsPartner zu suchen, was ihm nütze sei schließlich sein eigenes Problem.
- Antwort: Will man VerhandlungsAbschluss, sollte man Zustimmungs-Schwierigkeiten für den VerhandlungsPartner in den eigenen Angeboten reduzieren. Hierfür sollte man sich in diesen hineinversetzen (wichtig: lieber in eine einzelne konkrete Person statt ein Abstraktum, selbst wenn man eigentlich mit letzterem verhandelt) und sich daraus überlegen, was für ein Angebot akzeptabel, schwierig, leicht wäre bzw. was es dazu mache. Ziel: Angebot, auf das diese Vorstellung von ihm einfach "ja" sagen könnte.
- Oft ist z.B. das Unterlassen oder Fortsetzen eines Vorgangs leichter zu erfüllen als das Initiieren eines solchen; eine Forderung ist leichter zu bejahen wenn die Formulierung im Einklang steht mit gewissen für den VerhandlungsPartner relevanten Prinzipien, oder wenn sie einem Muster zuvor von diesem bejahter Forderungen entspricht (sich an PräzedenzFällen orientieren!).
- Wenn der VerhandlungsPartner zusagen würde, wie könnte er sich dann gegenüber Kritikern seiner VerhandlungsEntscheidung verteidigen?
- "Insist on Using Objective Criteria":
- Sind die Optimierungen der VerhandlungsOptionen entlang beiderseitigem Nutzen ausgeschöpft, kann immer noch eine positionale Differenz über bleiben, die einem nicht wegzuredenden Interessen-Widerspruch entspricht: Ich will weniger zahlen, du willst mehr bekommen, usw. Hier droht dann immer noch "positional bargaining" bzw. ein Willens-WettStreit. Deren oben geschilderte Nachteile meiden helfen kann die Suche nach und Einigung auf "objektive" Kriterien eines fairen Deals.
- Beispiele: Markt-Wert, frühere Verhandlungs-Ergebnisse, wissenschaftliche Studien über Folgen/Nutzen/Nachhaltigkeiten bestimmter entscheidbarer Balancen, Branchen-Standards, GleichBehandlung, GerichtsUrteile (aka implizite Drohung "was würde uns ein RechtsStreit zugestehen"), ethische Standards, gegenseitige Kosten/Nutzen-Abrechnungen, Zufall (Münzwurf), Urteil eines Dritten.
- Solche Kriterien abstrahieren die Verhandlung vom persönlichen MachtSpiel bzw. fokussieren stärker die SachFragen, rufen auf andere Fälle verallgemeinerbare Prinzipien an, verringern Gefühle individuellen Verhandlungs-Scheiterns durchs "Nachgeben" in eigener Position (kein persönlicher Kotau vorm VerhandlungsPartner, sondern Folge des Marktes, o.ä.).
- Auf die "objektiven" Kriterien eines fairen Deals muss man sich auch erstmal einigen. Hier entsteht eine Meta-Verhandlung, die aus reinem Mehr-oder-Weniger nach bisher Gelerntem potientiell ergiebigere Verständigung über SachFragen als kooperatives Projekt zur Suche nach einem gemeinsamen Begriff von Fairness machen kann. Man kann sich "objektive" Kriterien für objektive Kriterien ausdenken, z.B. Urteil Dritter, dass man das Kriterium auf Andere anwenden wie auf sich angewandt dulden würde, o.ä.
- Um eine Verhandlung zu einer Diskussion über gerechte Kriterien zu machen, erfrage man die ratio hinter VerhandlungsPositionen. Man sollte sich auch am Besten im Voraus über Prinzipien der VerhandlungsFührung und eines gerechten Ergebnisses verständigen.
- Ein Kriterium oder Prinzip nur benennen als Argument für die eigene VerhandlungsPosition und andere Kriterien und Prinzipien ausschließen, ohne Offenheit für eine Diskussion der Angemessenheit der Kriterien oder Prinzipien, ist nur Variante des "positional bargaining" / fällt dessen Nachteilen anheim. Dito fürs NachGeben gegenüber Angeboten/Drohungen, die an sachgerechten Kriterien vorbeigehen. Wer da nachgibt, entwertet evtl. zum eigenen späteren Nachteil SachGerechtigkeit der VerhandlungsKultur.
- Wo man sich auf gemeinsame Kriterien nicht einigen kann, kann man vielleicht einen MittelWert ermitteln zwischen den Kriterien, die für einen selbst zählen, und den Kriterien, die für die andere Seite zählen.
- Der verallgemeinerbare KinderTrick zum KuchenVerteilen: Ich schneide den Kuchen in zwei, du darfst dir dein Stück aussuchen. Variation: Du nennst dein Kriterium, ich evaluiere nach diesem. Variation: "last-best-offer arbitration", worin beide Seiten ein letztes Angebot abgeben und ein Schlichter dann eines von beiden wählen muss (so haben beide Seiten ein Interesse, nicht zu far out zu liegen, da das die Chance ihres Angebots mindert).
- "Yes, but …":
- "What If They Are More Powerful?":
- Nicht jede Verhandlung sollte bis zu einem Abschluss geführt werden: Manchmal ist die VerhandlungsPosition der anderen Seite zu stark, als dass ein für einen selbst guter Deal rauskommen könnte. Um nicht Opfer eines schlechten Deals zu werden, lohnt es sich, sich im Voraus über Bedingungen für einen VerhandlungsAbbruch klar zu werden.
- Eine beliebte im Voraus festgelegte VerhandlungsAbbruchsBedingung ist die bottom line – ein eindimensionales "bis hierher und nicht weiter"-Maß, z.B. ein Preis, unter oder über den man unter keinen Umständen zu gehen bereit ist. Eine solche "bottom line" in ihrer Eindimensionalität und Strenge verbaut aber mehrdimensionale Lösungen, das Anpassen von VerhandlungsPositionen aufgrund neuer Informationen, und ist überhaupt oft schwer weise festzulegen.
- Bessere VerhandlungsAbbruchsBedingung: der negativ ausfallende Vergleich mit einer BATNA, einer "Best Alternative To a Negotiated Agreement", dem besten alternativen Weg, der einem bei Scheitern der Verhandlungen offen steht (z.B. anderes Job-Angebot, günstigerer Preis anderswo, Leben unter Bedingungen eines Verzichts). Steter BATNA-Vergleich im HinterKopf erlaubt realistische Einschätzung der Stärke der eignen VerhandlungsPosition (kann ich's drauf ankommen lassen, bin ich ausgeliefert?).
- Die Stärke einer VerhandlungsSeite lässt sich am Besten an deren BATNA bestimmen, denn wer aus irgendwelchen Gründen z.B. keine gute Alternative hat, kann noch so viel Geld und Macht usw. haben, er muss trotzdem verhandeln. Wer sein BATNA nicht gut entwickelt hat / kennt, kann die potentielle Stärke seiner VerhandlungsPosition auch nicht ausspielen.
- Die BATNA ist die beste Alternative, d.h. eine einzelne, nicht ein Set von Alternativen. Verbreitet ist der psychologische Fehlschluss, eine Menge an in der Praxis nicht aufsummierbaren Alternativen in ihren Attraktivitäten aufzusummieren, d.h. die Attraktivität des Deals auf dem Tisch mit der Summe der Attraktivität verschiedener Alternativen zu vergleichen, obwohl man in der Praxis nur auf eine derselben ausweichen könnte, die für sich allein vielleicht doch nicht attraktiver wäre.
- Ein BATNA lässt sich ähnlich strategisch entwickeln wie eine VerhandlungsPosition: Man überlege sich mehrere Alternativen zu einem VerhandlungsAbschluss, bemühe sich um die Optimierung der aussichtsreichsten, gehe ihnen vielleicht sogar etwas nach (statt nur von der Möglichkeit anderer Job-Angebote auszugehen, sich gleich welche einholen; statt nur die Möglichkeit eines Streiks zu erwägen, ihn schon planen und vielleicht seine Möglichkeit zur Abstimmung stellen), und filtere dann auf die beste.
- Zur Verringung des kognitiven Aufwands kann man sich ein trip wire als Quasi-"bottom line" überlegen, bei der ein VerhandlungsErgebnis gegenüber einer BATNA noch positiv abschneiden würde, und sich fürs Erste an diesem orientieren, aber man sollte sie nicht als in Stein gemeißelt behandeln. Der Vergleich mit der BATNA ist der FallBack, der eintritt, sobald das "trip wire" übertreten wird.
- Einen BATNA soll man offenbaren, wenn er besser ausfällt als der VerhandlungsPartner denkt (das zeigt ihm die Notwendigkeit des EntgegenKommens, will er ein VerhandlungsErgebnis erzielen), und geheim halten, wenn er schlechter ausfällt (sonst wüsste der VerhandlungsPartner, dass er sich sehr viel mehr rausnehmen könnte als jetzt schon). Ebenso ist es nützlich, sich den BATNA der anderen Seite so gut es geht zu erschließen (und falls möglich nach unten / ins Unattraktivere zu korrigieren).
- Sind die BATNAs für beide Seiten super / besser, dann sollten sie möglichst einvernehmlich die Verhandlung abbrechen.
- "What If They Won't Play?":
- Wenn der VerhandlungsPartner lieber "positional bargaining" betreibt und auf Attacken (bis zu persönlichen) aus ist, diese Ansätze ins Leere laufen lassen bzw. umlenken. Z.B.:
- Stellt er eine Forderung, diese lesen und diskutieren als (unabhängig davon, obs sie so gemeint war) Vorschlag, den Interessen beider Seiten zu begegnen, und so eine Diskussion der Interessen statt der Positionen provozieren.
- Auf Angriffe entweder nicht reagieren / diese ins Leere laufen bzw. als Dampf-AbLassen durchgehen lassen, oder sie als Angriffe nicht auf die eigene Person oder die eigenen Interessen sondern das gemeinsame SachProblem lesen und diskutieren, ihnen nach Möglichkeit sachlich diskutierbare Interessen und Erwartungen/Vorschläge entlocken. Weitere Kritik erfragen, statt abblocken.
- Statt FestStellungen zu äußern, Fragen stellen (und durch AbWarten der Antwort Raum lassen). Fieseste Frage: "Was würden Sie an meiner Stelle tun?"
- Auf mangelhafte Fragen-Antworten oder Vorschläge mit Schweigen reagieren. Die Stille wird Unbehagen beim VerhandlungsPartner auslösen, das er durch weiteres Erklären einer Antwort, Relativieren einer Forderung, Ausbauen eines Vorschlags aufzulösen versuchen wird.
- Die one-text procedure: in einer verfahrenen Auseinandersetzung einen Mediator hinzuziehen, den die Interessen beider Seiten (statt ihrer Positionen) erfragen und listen und diese Liste von den Parteien kritisieren lassen, ihn dann auf Basis dieser Liste einen (explizit non-finalen) LösungsVorschlagsEntwurf texten und die Parteien nach Kritik an diesem fragen lassen, ihn in Folge iterativ verbessern bis dem Mediator alle Optionen ausgeschöpft scheinen, dann zur Zusage/Ablehnung vorlegen.
- Die Parteien werden in jeder Kritik-Phase sich von selbst auf das ihnen Wichtigste konzentrieren / von selbst priorisieren.
- So einen Entwurf zu starten erfordert keine vorherige Zustimmung der Parteien.
- Der Mediator sollte keine eigene feste Position in der Auseinandersetzung haben, außer vielleicht ein Interesse, dass die Verhandlung zu einem Ergebnis oder Schluss gelangt; gilt letztere Einschränkung, kann er durchaus selbst eine Partei der Verhandlung sein.
- "What If They Use Dirty Tricks?":
- Schmutzigen Taktiken ist in drei Phasen zu begegnen: 1. Sie erkennen. Einigen Lügnereien und Psycho-Manipulations-Taktiken nimmt das bereits jede Kraft. 2. Sie zur Sprache bringen (möglichst nicht als persönlicher Angriff, mit BenefitOfDoubt bezüglich ihrer Intentionalität); das kann den VerhandlungsPartner bereits dazu bringen, von ihnen abzulassen. 3. Beginne Verhandlung über die Art der Verhandlung, um "principled negotation" statt eines "positional bargaining" mit "dirty tricks" durchzusetzen.
- Eine "dirty" VerhandlungsTaktik oft erkennbar und diskutierbar durch InfrageStellung ihrer Reziprozität und Transparenz: Setzt sie Unwissenheit der GegenSeite voraus, gälte sie als legitim wenn in GegenRichtung eingesetzt?
- Verbreitete schmutzige Taktiken und Psycho-Tricks und potentielle Konter:
- Lügen bzw. unzuverlässige Behauptungen.
- Hier hilft nur Fakten-Checken. Dem Vorwurf mangelnden Vertrauens ist zu begegnen durch Berufung auf ein allgemeines Prinzip, dass man Behauptungen in Verhandlungen immer nachprüfe, unabhängig vom EinzelFall (das man natürlich auch durchhalten muss).
- Unglaubwürdigen Versprechungen kann man durch Einforderung von Fallback-Klauseln begegnen für den Fall des Nicht-Einhaltens; je stärker der VerhandlungsPartner seine Verlässlichkeit behauptet, desto weniger sollten ihn die Klauseln stören.
- Deal-Finalisierung nach vielen Zugeständnissen mit neuen Forderungen retardieren – z.B. durch ein überraschendes "final kann ich das nicht entscheiden, das muss ich jetzt [potentiell anspruchsvolleren] höheren Autoritäten vorlegen".
- Eine einseitige Infragestellung der Finalität eines Deals kann man zurückspiegeln: Wenn das Angebot des VerhandlungsPartners nun abhängig gemacht wird von weiteren Faktoren, auch die eigene Unterstützung fürs eigene bisherige Angebot in Frage stellen / kontingent machen.
- Von Anfang an hinterfragen, mit welcher Autorität der VerhandlungsPartner ausgestattet ist, und bei dessen mangelnder Autorität nach einem VerhandlungsPartner mit voller Autorität verlangen oder das Commitment gegenüber den eigenen Angeboten niedrig halten.
- Regelmäßigem AufStellen neuer Forderungen ist zu begegnen mit einer VerhandlungsPause und InfrageStellung der Fortsetzung der Verhandlung.
- Psychischer Stress durch unangenehmes Verhandlungs-Umfeld (räumlich angreifbare Position, Mangel an RückzugsMöglichkeit):
- Eigenes UnwohlSein mit einer Umgebung ausdrücklich zur Sprache bringen, alternativen Ort oder Pause erbitten.
- Persönliche Angriffe, Demütigungs-Anmerkungen, Warten-Lassen, betont unaufmerksam sein, Augen-Kontakt-Vermeidung. GoodCop-BadCop-Spiele (eine an sich unhaltbare Position zum Zugeständnis oder gar persönlichen Gefallen aufwerten durch NebeneinanderStellung mit einer drastisch inakzeptableren; neben dem BullenSpiel auch als Variation auf die opportunistische AutoritätsDelegation denkbar, "mein Partner verlangt leider absurd viel im Gegensatz zu mir, magst du mir durch EntgegenKommen helfen?").
- Erkennen als Manipulations-Taktik nimmt hier schon viel Wirkung.
- Drohungen. (Drohungen sind zu unterscheiden von der legitimen VerhandlungsTaktik der Warnung: drohende Konsequenzen benennen, die nicht vom eigenen Willen abhängen. Eine Warnung provoziert keine Gegen-Drohung, denn den Warnenden unter Druck zu setzen beeinflusst ja nicht die Wahrscheinlichkeit der in Aussicht stehenden Konsequenzen.)
- Soweit es geht ignorieren und vielleicht sogar als Zeichen der Schwäche erkennen und politisch ausspielen, etwa durch (Drohung der) Kommunikation der Drohung an Dritte. Die ideale Antwort auf eine Drohung ist "ich verhandle nicht auf Basis von Drohungen".
- Absurd hohe Forderungen / absurd niedrige Angebote.
- Begründung für Extremität der Position verlangen, sie als lächerlich und Glaubwürdigkeitsproblem des Trägers begreiflich machen.
- "Lock-in"-Taktiken: Der VerhandlungsPartner bindet sich absichtlich und explizit an eine bestimmte Position, z.B. durch öffentlichen Schwur, um eigene Zugeständnisse auszuschließen, so dass nur die andere Seite sie noch machen kann.
- Hier bleibt nur, die Drastik dieser Bindung/Einschränkung im VerhandlungsGespräch herunterzuspielen, sie zu ignorieren, oder sich ausdrücklich auf ein Prinzip zu berufen, sich von so etwas nicht beeinflussen zu lassen.
- Kalkulierte Verzögerungen einer Entscheidung zu einem taktisch genehmen Zeitpunkt (z.B. kurz vor einen Streik-Termin).
- Kontern durch Schaffung abnehmender AngebotsGelegenheits-Fenster, und das Setzen von Deadlines die an "objektive" (nicht vom Willen des Verhandelnden gebundene) Termine wie z.B. ein VertragsAuslaufen oder eine SteuerFälligkeit gebunden sind.
- "Take it or leave it": Druck erzeugen durch ein "entweder du akzeptierst das Angebot so, oder es kommt zu keiner Einigung" (legitim wenn ernstgemeint, aber oft nur VerhandlungsTrick).
- Lässt sich, falls nur Trick, stallen durch Ignorieren. Man kann auch Fakten schaffen die die Grundlage der Verhandlung ändern und dann das "take it or leave it" als bloßes "letztes Angebot bevor x die bisherigen Verhandlungs-Prämissen änderte" werten.
- Eine Weigerung, zu verhandeln, oder zumindest nicht vor gewissen Zugeständnissen, kann auch bloße Taktik sein, um eine VerhandlungsPosition initial zu verbessern.
- Die Gründe für die Weigerung erfragen und Optionen vorschlagen, den offenbarten Interessen zu begegnen; die Prinzipien hinter der Weigerung eruieren und die PrinzipienTreue mit anderen Präzedenzen abgleichen (werdet ihr nach der selben Logik auch mit den Anderen nicht verhandeln? fändet ihr das einen legitimen Grund, nicht mit euch zu verhandeln?). Verhandlung(sAnbahnungen) über näherstehende/neutrale Dritte versuchen/anbieten.
- Das VorEnthalten von Fakten, z.B. dem potentiellen Maximum eines Gehalts, ist nicht notwendigerweies schmutzig, so lange es nicht der VorSpiegelung falscher Tatsachen dient, und nicht an sich geheim gehalten wird. Soweit die Daten in die Verhandlung einfließen sollten, lässt sich vielleicht ein Mediator einschalten, der sie treuhänderisch verwaltet oder begutachtet und unter Berücksichtigung der Sensibilitäten beider Seiten relevante Informationen daraus in die Verhandlung weiterleitet.
- "In Conclusion":
- Jaja, vieles im Buch sei Common Sense, aber vielleicht hilft es ja, den Dingen Namen zu geben.
- "Ten Questions People Ask About Getting To Yes":
- "Does positional bargaining ever make sense?":
- "Principled negotation" kann in vielen Situationen zu aufwendig sein, als dass die Mühen den Vorteil gegenüber "positional bargaining" wert wären; beim eiligen Pfeilschen mit einem StraßenHändler lohnt sich die Recherche nach gemeinsamen Interessen eher nicht. Seine Stärken spielt es vor allem aus, wenn eine weise Lösung und die BeziehungsPflege wichtig oder der Sachverhalt komplex ist, der Ruf als Verhandler gewahrt werden muss, wenn die VerhandlungsMasse noch beeinflusst werden kann.
- "'What if the other side believes in a different standard of fairness?'":
- Gemeinsame Suche nach "objektiven"/"fairen" Kriterien zur Bewertung eines Deals ist nur ein Mittel der "principled negotation", kein Selbstzweck, und kann deshalb auch liegen gelassen werden, wenn sie nicht weiter führt. In so einem Fall kann man immer noch eine Münze werfen oder das Mittel zwischen den beiden Positionen ansteuern.
- "'Should I be fair if I don't have to be?'":
- Die Autoren glauben ans weltverbessernde Potential der "principled negotation", aber ob diese Moral es wert ist, unfaire Vorteile, wo verfügbar, liegen zu lassen, kläre der Leser mit sich selbst. Wo unfairer Vorteil greifbar scheint, frage man sich: Ist er so sicher, wie ich glaube, oder steigert das die Chance, die andere Seite noch vor Abschluss zu verprellen, oder von einem Gericht alles abgesprochen zu bekommen? Wie wirkt es sich auf die Beziehung langfristig aus, und meinen Ruf als Verhandler?
- "'What do I do if the people are the problem?'":
- Dass man die People-Issues von den Sach-Issues trennen solle, heißt nicht, erstere zu vernachlässigen. Die Qualität der menschlichen Beziehung und die der Klärung von Sachfragen ergänzen sich im Verhandeln, und man sollte auch in erstere Arbeit investieren. Man glaube nur nicht, man könne sich eine bessere zwischenmenschliche Beziehung mit Zugeständnissen in SachFragen erkaufen (oder umgekehrt). Man muss das ZwischenMenschliche als eigenen SachVerhalt aushandeln.
- Unangenehmes menschliches Verhalten mit Gleichem zu vergelten, reduziert es nicht, sondern bestätigt es ("ich handle angemessen, denn seht, die Anderen handeln ja auch so, ich wusste es schon im Voraus"). Je irrationaler die andere Seite zu handeln scheint, desto rationaler muss man handeln, man will ja das Chaos verringern statt vergrößern. (Davon ab handeln die meisten Menschen aus ihrer eigenen Perspektive rational, man muss halt lernen, diese zu verstehen und auf sie einzugehen.)
- "'Should I negotiate even with terrorists or someone like Hitler? When does it make sense not to negotiate?'":
- Mit Hitler verhandeln lohnt sich, wenn die BATNA schlecht genug ist. Stalin war auch nicht besser als Hitler, aber die BATNA hier war Global ThermoNuclear War. Man sollte seine BATNA gründlich durchdenken, wenn man vor so kontroversen Fragen steht. Manchmal steht die Option Verhandeln gegenüber der BATNA tatsächlich zu schlecht dar, aber wo die BATNA z.B. Krieg heißt, verschätzen Leute sich allzu sehr in der LeistungsFähigkeit ihrer Gewalt-Optionen.
- Offizielles in-Verhandlung-Treten kann indiskutablen Akteuren tatsächlich politischen Status zuerkennen, aber das ist keine Ausrede gegen inoffizielles Verhandeln unterm Radar. Terroristen/GeiselNehmern sollte man aus bekannten Gründen keine geforderten Zugeständnisse machen, aber das heißt nicht, dass man mit ihnen nicht über andere Dinge zu verhandeln suchen könne, so dass keine Seite ihre Prinzipien opfern muss. So kann man Geisel für Geisel freipressen für vertretbare Kleinigkeiten.
- Krieg kann ein Mittel sein, um den BATNA der GegenSeite zu verändern. Clausewitz hatte schon recht.
- Unverhandelbarkeit ist oft eingebildet / VorUrteil; die VerhandlungsPosition der vermeintlichen religiösen Fanatiker wird seltenst durch theologische Kontroversen determiniert.
- "'How should I adjust my negotating approach to account for differences of personality, gender, culture, and so on?'":
- Passe dich den Eigenheiten des VerhandlungsPartners in Sachen Geschwindigkeit/Dauer/Rigidität eines Deals, Umgang miteinander, den Erwartungen bezüglich der Autorität mündlicher oder schriftlicher Absprachen an. Bedenke die großen Unterschiede zwischen Kulturen, aber betrachte VorAnnahmen über diese nicht als auf jeden EinzelFall pauschalisierbar: Du verhandelst mit Individuen, die für sich gegenüber der BlauPause ihrer Kultur stark abweichen können.
- "How do I decide things like 'Where should we meet?', 'Who should make the first offer?' and 'How high should I start?'":
- Vorbereitung (BATNAs, Interessen, objektive Standards klären usw.) ist alles; die Daten lenken die Strategie, nicht umgekehrt.
- OrtsWahl: Abhängig von den Bedürfnissen, Gestresstheiten der VerhandlungsPartner. Lieber im Büro des Anderen treffen, wenn man leicht fliehen können möchte; lieber im eigenen treffen, wenn man das Gefühl hat, Rückhalt und Unterstützung zu benötigen; bei großer Gestresstheit lieber in abgesonderten/abgeschiedenen Bereichen treffen.
- Das erste Angebot sollte nicht so wichtig genommen werden wie eine gegenseitige Klärung von Interessen und Standards. Ein zu frühes erstes Angebot kann die eine wie die andere Seite in Bedrängnis bringen. Ein extrem gewähltes erstes Angebot der GegenSeite kann dazu führen, dass man spätere Angebote nicht nach ihren eigenen Meriten sondern nur nach ihrer Zugeständnis-Distanz zu diesem wertet; hierauf nicht reinfallen.
- Entwickle dein erstes Angebot mit voran(!)gestellter Begründung/Orientierung an objektiven Kriterien, als rechtfertigtest du es einem neutralen Dritten gegenüber. Wenn möglich, bringe statt eines ersten Angebots erstmal nur einen Verweis auf das, was nach diesen oder jenen objektiven Kriterien anderswo üblich sei. Damit ist ein diskutierbarer VerhandlungsOrientierungsWert gesetzt, ohne dass man sich auf diesen verpflichten würde.
- "'Concretely, how do I move from inventing options to making commitments?'":
- Stelle dir vor, was für einen Deal du gut und verünftig fändest; dann, wie sowohl du ihn dir bzw. denen gegenüber denen du verantwortlich bist rechtfertigst, und gleichfalls wie die andere Seite ihn sich bzw. denen gegenüber denen sie verantwortlich ist rechtfertigt (anpassen, bis beide Vorstellungen realistisch); dann, was dich bzw. die andere Seite zur finalen Einigung überzeugt haben könnte; entwickle so ein Modell der Verhandlung von der Einigung bis zum AusgangsZustand rückwärts.
- Skizziere dir ab Anfang (mit der Verhandlung wachsend) eine Schablone für einen fertigen Deal, mit offenen Stellen wo es Klärungs-/VerhandlungsBedarf. Fokussiert Verhandlung aufs Wesentliche und kann zugleich aufdecken, welche offenen Fragen bisher noch gar nicht sichtbar auf dem Menü standen, obwohl sie sich zwangsläufig einstellen werden (worst case nach einer Einigung). Draft gemeinsam entwickeln sorgt besseres gemeinsames Verständnis des Deals, gibt mit DraftWachstum FortschrittsGefühl.
- Entwickle die Einigung graduell, kläre bei kontroversen Punkten erstmal den Grad Uneinigkeit ("agree to disagree", aber man kann ja z.B. sich zumindest über die Spanne der auseinanderliegenden Erwartungen einig werden) und widme dich dann Punkten bei denen eine Einigung leichter möglich ist. Keine Teil-Einigung gelte von eben auf jetzt als in-Stein-gemeißelt, aber festige sie gemächlich (Änderung nur mit Begründung). Besuche ungeklärtere Punkte mit geklärteren Punkten im Rücken wieder und wieder.
- Verteidige deine Interessen statt deiner Positionen. Bei InfrageStellung deiner Position, erfrage nach einer Alternative, wie die gegebenen Interessen befriedigen. Werden deine Interessen nicht genug berücksichtigt, erfrage, warum sie weniger zählen sollten als die des VerhandlungsPartners. Halte an deiner Fairness-Analyse der VerhandlungsSituation fest bis dir gute GegenGründe geliefert werden.
- Angebote sollten nicht überraschen, sondern naheliegend aus der bisherigen Diskussion folgen. Das Mittel aus zwei beliebigen VerhandlungsPositionen ist beliebig, aber das aus zwei nach unterschiedlichen Standards wohlbegründeten ist fair.
- Wenn eine Einigung kurz bevor zu stehen scheint, erwäge dir leicht fallende Zugeständnisse, die der GegenSeite viel bedeuten könnten (impliziert der Autor hier, solche bis zum Ende aufzusparen?), um den Deal in einer Weise zu finalisieren, die die GegenSeite dankend annimmt – und damit auch voll hinter der anschließenden Realisierung des Deals mit einem guten Gefühl im Magen steht.
- "'How do I try out these ideas without taking too much risk?'":
- Bei weniger brisanten Verhandlungen mit guten Voraussetzungen an BATNA, objektiven Kriterien, und BereitWilligkeit der anderen Seite anfangen. Ein VerhandlungsTagebuch führen, um sich zu dokumentieren, welche Taktiken man anwandte, wie sie funktionierten. Mit Freunden vor Verhandlungen selbige in verteilten Rollen durchspielen.
- "Can the way I negotiate really make a difference if the other side is more powerful? And 'How do I enhance my negotiating power?'":
- Erwarte keinen VerhandlungsErfolg wenn du kein Angebot machen könntest das besser ist als die BATNA der anderen Seite (die man aber natürlich auch erstmal kennen muss). Davon abgesehen kann kluges Verhandeln aber viel vermeintliches Macht-UngleichGewicht ausgleichen, durch feinen Umgang mit den individuellen Interessen und Bedenken der anderen Seite. Ein gewisses Maß an Optimismus verhütet, früher aufzugeben als nötig, und damit Chancen auf wünschenswerte Ergebnisse zu vergeigen.
- VerhandlungsMacht nicht unbedingt adversial denken. Die Macht, ein gewünschtes Ergebnis zu bekommen, kann beidseitig durch eine gute VerhandlungsBeziehung wachsen, durch gegenseitige Kenntnis der Interessen, und ja, sogar dadurch, die andere Seite (zu deren Besten) beeinflussen zu können.
- Commitment gegenüber einem eigenen Angebot kann die eigenen Angebots-Optionen einschränken, macht es für die andere Seite aber auch einfacher, einem entgegen zu kommen. Wenn man Forderungen stellt, sollte man auch konkret darin sein, was aus deren Erfüllung bzw. Nicht-Erfüllung folgt, sonst bleibt die andere Seite verunsichert, was es bringt, auf die Forderung einzugehen.
- Während des Verhandlungs-Verlaufs immer auch Mini-BATNAs pflegen, also z.B., falls wir die Verhandlung in diesem einen Issue heute noch zu einem Ergebnis bringen, bis zu welchem Ergebnis wäre das besser für mich, als die Folgen daraus, das Issue auf nächstes Mal aufzuschieben?
- Prinzip der ZweitPreis-Auktion: Alle Bieter geben verdeckt ein Gebot ab, Zuschlag erhält der mit dem höchsten, aber er muss nur die Höhe des zweithöchsten zahlen. So bietet jeder so viel, wie ihm der Auktions-GegenStand wert ist, zugleich fürchgtet niemand, sehr viel mehr zu zahlen als nötig, um die Anderen zu überbieten. (Trotz Verzicht aufs höchste Gebot kommen so höhere Preise zustande, erfahrungsgemäß bieten so bei verdecktem Gebot alle mehr als unter der Angst, sehr mehr als nötig zu bieten.)