Buch von Witold Rybczynski: "Home. A Short History of an Idea."
Lektüre-Notizen:
- Vorwort:
- Die Suche eines Architekten nach einem (ideengeschichtlichen?) Verständnis des gern so schwammig verwendeten Begriffes "Comfort".
- "Nostalgia":
- Bestimmte massenvermarktete Modelle von Innenraum-Heimeligkeit erfinden eine Vergangenheit/Tradition häuslichen Designs, die mehr Hollywood-Filmen entnommen ist als der Wirklichkeit.
- "Intimacy and Privacy":
- Analyse dieses Gemäldes: http://de.wikipedia.org/wiki/Der_heilige_Hieronymus_im_Geh%25C3%25A4us Sieht auf den ersten Blick heimelig aus, aber man bedenke: Hieronymus dürfte ordentlich gefroren haben (deshalb ist er so dicht verpackt). Jenseits des Herds (der alles verraucht macht) gab es im mittelalterlichen Haus nämlich keine Wärmequelle.
- Im mittelalterlichen Haus geht man zu Bett, wenn es dunkel wird, denn künstliche Lichtquellen sind sehr bescheiden, und was will man schon tun, wenn's zappeduster ist?
- Zustand der Unterschichts-Behausungen, teils bis ins 20. Jh.: karg, ohne Bewässerung, zumindest in den Städten einräumig-eng, gerade mal eine leidlich erträgliche Schlaf-Unterkunft; kein Grund, auf dem Gefühle für "Heim" oder "Familie" wachsen können. Mit Letzterem zumindest (und auch sonst oft) bezieht Rybczynski sich auf Aries' "Geschichte der Kindheit".
- Man besitzt im Mittelalter nicht viel an Innenausstattung. Populär: die Truhe, man kann auf ihr sitzen, an ihr speisen und sogar in ihr liegen. Möbel sind multifunktional, zerleg-/umbaubar und mobil (daher "Mobiliar"). Gebrauchsgegenstände ohne sentimentalen Wert oder Ort. Der Adel nimmt seine Möbel gerne mit auf Reisen. Stühle verwendet man kaum, seltsamer Luxus, ein Gegenstand nur fürs Sitzen.
- Bequemlichkeit? Ha! Die Antiken hatten sowas (vgl. den griechischen klismos), aber im Mittelalter gibt die karge, Müßiggangs-feindliche Kloster-Mode den Ton an. Rückenlehnen wären fürs otium, man sitzt aufrecht, also reicht als Sitzgelegenheit doch die Bank. Der Stuhl für Vornehme ist nicht bequem, sondern repräsentativ.
- Wichtiger als die Bequemlichkeit ist die Repräsentation, wichtiger als das Innere das Äußere, "what John Lukacs has called the external character of medieval civilization" (p. 35). Dementsprechend zählt sehr viel, wie ich mich kleide, und sehr wenig, wie es sich in meiner Behausung wohnt; zählt sehr viel, wo ich am Tisch sitze, und wenig, wie sich dieser Sitz anfühlt. Wichtig die Aufgaben-Erfüllung nicht für mich, sondern fürs mittelalterliche transzendent-kosmische Zeichensystem (oder so ähnlich).
- Das Bürgerhaus von Spätmittelalter und Renaissance vereinigt Arbeits- und Wohnraum. Die Städte sind so eng gebaut, dass das Geschäft nicht auf die knappe Straße strebt, sondern ins Haus hinein, ins ganze Erdgeschoss. (Vgl. Aries: keine Trennung von Privat- und Arbeitsleben.) In der Dach-Etage darüber wird gewohnt / geschlafen / gekocht / gegessen usw., in einem großen Raum. Erst 17. Jh. wird die Bourgeoisie Arbeitsplätze außerhalb ihres eigenen Hauses finden und dieses so der Familie zu überlassen beginnen.
- "The concept of privacy is also absent in many non-Western cultures, notably Japan. Lacking an indigenous word to describe this quality, the Japanese have adopted an English one--praibashii." (p.28)
- Gerade auch die bürgerlichen Haushalte des Spätmittelalters sind voll: mit Blutsverwandten, Dienern, Lehrlingen, Gästen. Alle in einem großen Raum, ohne individuelle Rückzugsmöglichkeit. Kein Begriff von "Privatsphäre" oder "Intimität". Betten wurden zu mehrt benutzt, waren nicht umsonst oft groß und quadratisch statt länglich; gerne auch mehrere Paare im selben.
- Im 17. Jh. dann wächst die Zahl der Räume, und zuweilen auch ihre funktionale Zuordnung. Man trennt jetzt die Küche ab, mit ihren komischen Gerüchen; auf portable Betten, die über Vorhänge ihren eigenen Raum zu bilden beginnen, folgen bald eigene Schlafräume; und sogar Umkleide-Zimmer. Trotzdem sträunt das Leben noch immer vor allem um die Feuerstelle. Aber das mittelalterliche Gewusel zeigt erste Risse, erste Zerteilungen und Isolationen. Mit der Privatsphäre wird die Idee der Intimität möglich.
- Noch gibt es aber keine inneren Korridore; Räume sind direkt miteinander verbunden, man muss durch Raum B, wenn man von Raum A zu Raum C will; oder man muss gar die Schutzmauern des Hauses verlassen und über Außen-Verbindungen den Raum wechseln.
- Öffentliche Bäder für die Hygiene bis ins 16. Jh. Keine speziellen Baderäume im Heim; teils noch nicht mal ein Ort zum Pinkeln. Der Adel lässt sich von seinen Dienern mobile Stühle herbeitragen oder pisst in Versailles an die Wände.
- "Domesticity":
- Die Niederländer des 17. Jh. sind die Avantgarde des Bürgertums und nehmen aufgrund der Eigenheiten ihres Landes vieles vorweg, was andernorts in Europa noch mindestens hundert Jahre auf sich wird warten lassen; aufkeimende bürgerliche Sitten, über die Besucher aus der französischen Oberschicht etwa noch die Nase rümpfen.
- Die niederländischen Häuser sind -- notgedrungen (wortwörtlich ;) ) -- klein, aber dafür fein. Sie streben ins Mehrstöckige, gleichzeitig aber ins Leichte; die Leichtigkeit ihrer Fassaden wird unterstützt durch großen Flächenanteil von Fenstern, zu deren Einbau die Niederländer einige technische Einfälle beitragen. Innerlich sind sie Schiffskajüten-artig angelegt, viele kleine Räume unterschiedlichster Höhe, über Leitertreppen verbunden, und mit platzsparend eingebauten Möbelstücken wie Klappbetten.
- Die kleinen Häuser tragen nur wenige Menschen, gerade mal eine Nuklearfamilie und vielleicht ein zwei Diener; nur noch selten ist das Wohnhaus auch Arbeitshaus, zuweilen dient gerade noch der Vorderbereich des Erdgeschosses als Laden: nix Vermischung mit Angestellten oder Lehrlingen. Sich Diener halten widerspricht calvinistischem Geist und wird vom Gesetz nicht grade gefördert. Und die Niederländer schicken ihre Kinder auf die Schule und halten sie ansonsten daheim, statt sie in die Welt zu stürzen.
- Gilt das Erdgeschoss noch als halb öffentlich / erweiterte Straße, beginnt in den höheren Bereichen nun ein explizit persönlicher Bereich, der nur mit Pantoffeln betreten werden darf. Niederländische Bürgerhäuser werden fanatisch sauber und ordentlich gehalten. Diese Reinlichkeit gilt explizit den Häusern, nicht den Menschen; man liebt sein Haus, man identifiziert sich damit, man besitzt Miniaturen seines Inneren, man schafft sich darin ein eigenes Reich: "domesticity".
- "Heim" sowohl als Ort wie auch als Zustand -- das soll es als Begriff nur in den germanischen, nicht in den lateinischen oder slawischen Sprachen geben. Auch ein anderes deutsches Wort hat es Rybczynski zur Beschreibung der Häuslichkeit angetan: "Stimmung".
- "domesticity" ist feminin. In der Diener-freien Kleinfamilie übernimmt die Frau das Haus, das vom Mann ja inzwischen für einen Arbeitsplatz anderswo verlassen wird. Sie allein schmeißt den Haushalt, und zwar sowohl mit eigener Kraft wie auch eigener Kreativität; bezogen auf den Haushalt hat sie einen geradezu matriarchalen Ruf, werden ihre Stimmungs-pflegenden Interventionen wie das Rauchverbot oder die jährliche Grundreinigung vom Mann gefürchtet. Unter ihr wird die Küche der wichtigste Raum.
- "Commodity and Delight":
- Im 18. Jh. breitet sich der niederländische Trend über Europa aus, und zuletzt sogar bis nach Versailles. Hier die Zäsur zwischen Ludwig XIV. -- unter dem das Leben des Adels und gerade auch des Königs als öffentlich galt -- und Ludwig XV., dem die Madame de Pompadour (allgemein schreibt Rybczynski all den französischen Damen dieser Zeit einen großen Einfluss zu, verwebt das Privat-Intim-Häusliche geradezu essentialistisch mit dem Weiblichen) bürgerliche Trends ins Ohr flüstert: mehr Räume, kleiner!
- Rokoko ist der erste Dekorations-Stil explizit für den Innenraum. Davor hat man einfach für die Fassade / die Außenseite wie die Innenseite denselben Stil verwendet.
- Die westliche Verstuhltheit. Wieso sitzt man hier auf Stühlen und überall sonst auf dem Boden? Wir sind es gewohnt und finden es bequem, aber eigentlich ist es extrem schwer, einen Stuhl bequem zu designen. Irgendwie gelang es der Antike, aber dieses Wissen verschwand mit dem Mittelalter -- der Stuhl blieb, aber unbequem; im 18. Jh. steigt die Vernarrtheit ins Möbel-Design, und damit entsteht auch eine Wissenschaft der Stuhl-Komfortabilität.
- Auch sonst revolutioniert diese Zeit grundlegend das Mobiliar, vervielfältigt und spezialisiert es vor allem ins Unermessliche, in Spiegelung der Spezialisierung von Räumen. Dieser Stuhl passt in den Salon, jener in die Bibliothek; dieser Tisch ist fürs Essen, dieser fürs Spielen, jener fürs Schreiben. Möbel werden ausdifferenziert nach Geschlecht und sogar nach Jahreszeit.
- Die Kammer / "chambre" wird nun zum Ort des Privaten, in Abgrenzung zum Saal / "salle" als Ort des Öffentlichen. Die Idee eines nicht-öffentlichen Rückzugs, wo man auch mal die Perücke abnehmen kann, gewinnt an Beliebtheit.
- Es ist auch die große Zeit der Sanitär-Anlagen, also bzw. der Trend zum Badezimmer und seinen Einrichtungen, auch wenn sie noch nicht alle versammelt sind.
- Man will jetzt nicht mehr permanent von Dienern umwuselt sein. Die Klingeln rufen sie jetzt aus der Ferne, nicht aus der Nähe. Viele Raum-Funktionen (z.B. Heizung, Tisch-Decken) sind so ausgerichtet, dass die Dienerschaft sie in einem anderen Raum fit macht als der, in dem der Adel sie in Anspruch nimmt.
- "Ease":
- Ab 18. Jh. Mode der häppchenweisen Integration vergangener Architekturen in die zeitgenössische; "viktorianische Stil-Kriege". Nur ein Stil aber besteht aus sich selbst heraus über die Jahrhunderte: der englische georgianische. Er gilt bis heute als funktional, komfortabel und elegant. Er orientiert sich mehr an der niederländisch-bürgerlichen Nüchternheit als am französisch-aristokratischen Glanz. Design für den Innen-Bewohner, nicht für den Außen-Betrachter.
- Vollendete Trennung in einen Gäste-kompatiblen Unter- und einen Familien-privaten Ober-Bereich; "ich geh nach oben" gewinnt die Bedeutung "ich ziehe mich aus der Gesellschaft in meinen Privatbereich zurück". Während unten für verschiedene Sphären des Sozialisierens (Dinieren, Karten spielen, Musizieren, Paffen) verschiedene Räume angelegt werden, differenzieren sich die Räume oben nun nach den Personen aus, denen sie zugeordnet sind: Individualisierung, Personalisierung.
- Die englische Oberschicht meidet sowohl das Leben am Königs-Hof als auch in der Stadt; sie zieht den Rückzug aufs Land vor. Ein eigenes Sozial-Leben zwischen englischen Landhäusern entsteht, mit gegenseitigen Besuchen, aber mit großer Zurückhaltung vorm Eigenraum des jeweiligen Hauses: Gäste nur in den vorgesehenen Bereichen, nur zu bestimmten Zeiten, nur nach Anmeldung. Vorprüfung im Vestibül. Zwecks Besuchs-Anberaunung tragen Diener zwischen den Häusern Karten umher; kein Sozialkontakt zuviel bitte!
- "English comfort" übernimmt die dekorative und räumliche Bescheidenheit und Eigenheim-Liebe der urbanen Niederländer, kombiniert sie mit englischer Land-Liebe/Romantik. Hier ist die Innen-Einrichtung stärker vom Mann beeinflusst (Rybczynski geht nicht darauf ein, aber ich vermute, dass die englische Landhäuser-Oberschicht auch mehr Diener im Haushalt gehabt haben dürfte) und grenzt sich bewusst vom "Weibischen" des französischen Rokoko ab. Hauptautor dieser Häuslichkeit bleibt jedoch: Jane Austen.
- Als Hauptzweck der Fenster wird nicht länger die Fassade begriffen, sondern ihr Wirken auf den Innenraum. Raumpläne beweisen Mut zur funktional-gemütlichen Asymmetrie.
- "Light and Air":
- Im 19. Jh. zieht endlich technisch-wissenschaftliche Innovation auch jenseits der Möbel-Ergonomie in den Haushalt ein. Der englische Aristokrat naserümpft und lässt sein Landhaus Sanitär- und Gasbeleuchtungs-frei -- er hat doch Diener und Kerzen. Die Technik bahnt sich eher über die Stadt, über die öffentlichen Gebäude, die Armenspeisung, die Gefängnisse den Weg in die weniger dünkelhaften Bürgerhäuser.
- Lache nie wieder über den koreanischen Ventilatoren-Wahn! Das 19. Jh. verwissenschaftlicht die Idee von der schlechten Innenraum-Luft und schlägt dabei über die Stränge. Die Konsequenz: tausend Systeme zur übertriebenen Innenraum-Belüftung unter Ausblendung aller anderen Wohlfühl-Faktoren. Ein fröhliches Frieren gilt als gesund. Bald stopft man die sorgsam ausgelegten Schächte zu, für ein bisschen Wärme. Auch: Ab jetzt große Geruchsempfindlichkeit. Rauchen bitte nur draußen oder in der Küche!
- Das Badezimmer wird langsam, ein paar Klos gibt es zumindest schon. Aber finde erstmal ein Haus mit Wasser-Anschluss.
- Die Licht-Revolution! Binnen weniger Jahrzehnte verzwanzigfacht sich die Innen-Beleuchtung des Haushalts. Plötzlich kann man auch nach Sonnenuntergang noch leben, arbeiten, lesen -- und den Dreck in der Ecke sehen.
- "Efficiency":
- Ende 19./Anfang 20. Jh. elektrisiert der Haushalt, vor allem der amerikanische. Erst nur in der Beleuchtung; dann entdeckt man, dass man ja auch andere Geräte damit powern kann (vorher: seltsame Experimente bis zum häuslichen Mini-Dampf-Kraftwerk). Jetzt kommen all die Haushaltsgeräte, die wir noch heute benutzen; das Heim wird zum Maschinenpark, unter einigem Naserümpfen der ästhetischen Architekten und Dekorateure.
- Gleichzeitig Schrumpfen der Dienerschaft; nicht nur, weil die Maschinen sie arbeitslos machen, sondern auch, weil die Bediensteten selber attraktivere (srsly?) Arbeitsgelegenheiten z.B. in Fabriken finden. Der Haushalt beschneidet sich auf die niederländische Kleinfamilie.
- Wie in den Niederlanden übernimmt nun die Ehefrau wieder die kreative Führung von Haushalt und Inneneinrichtung. Was vorher Ergonomie für die Entspannung des Mannes war, wird nun zur Ergonomie für die Arbeit der Frau: Ehefrauliche Kritik haushaltstechnisch unpraktischer Haus-Ästhetizismen, wie sie die Dienerschaft früher nicht zu äußern wagte. Wie eine Küche aufgebaut gehört, unterliegt nun neuen Kriterien. Und die Elektrisierung wird als Arbeits-Erleichterung mit offenen Armen empfangen.
- Taylorisierung des Haushalts: Die amerikanische Hausfrauen-Elite studiert die Effizienz-Wissenschaften ihrer Ehemänner und überträgt sie auf ihr eigenes Geschäft, Anordnung ihrer eigenen Arbeitsprozesse und Design ihrer eigenen Arbeitsgeräte. Gerät und Analyse verringern Arbeitsaufwand um ein Vielfaches.
- Haushalt und Haus schrumpfen und individualisieren auf das, was tayloristisch-effizient bestellt werden kann von der Einzelperson der cyborgisch mit elektrischen Haushalts-Geräten augmentierten Ehefrau.
- "Style and Substance":
- Stil-Kaskaden vom vielfältigen Historismus hin zu Avantgarde/Moderne (Jugendstil, Art Deco). Ein Trend größtenteils ohne Reibung mit Technisierung/Ergonomisierung des Heims; zwar drängen dessen Schrumpfen/Komfortsuche manche monumental-symmetrischen Stile beiseite, der viktorianische Ornamentalismus überwuchert und integriert aber ohne schlechtes Gewissen jedes noch so moderne Gerät. Le Corbusiers Modernismus gibt sich funktional, ist aber erstmal sehr viel weniger anpassungsfähig; Konzept über Nutzen.
- Modernisierte sich das amerikanische Heim der Jahrhundertwende noch über Anpassbarkeit an die Wünsche und Arbeitsabläufe der Einwohner, und damit eine Individualisierung -- das Heim solle mir angepasst werden wie ein maßgeschneidertes Kleidungsstück --, glaubt Le Corbusier an die Universalität und damit massenproduktive Vorherplanbarkeit aller Bedürfnisse. Ohren auf, Großplaner und Gleichschalter des Totalitarismus!
- "Austerity":
- Der karge, kalte Modernismus zieht seinen Erfolg aus antikonservativer Ideologie (kommt bei der Linken und beim Nachkriegs-Westen gut an) und seiner billigen Massenproduzierbarkeit. Otto Normalverbraucher würde lieber gerne in Großvaters Wohnung leben, nimmt die Moderne aber hin, soweit ja eh die Großplaner sie verfügen und sie angeblich praktischer sei und jedenfalls billiger ist.
- Rybczynski behauptet einen regelrechten Kreuzzug gegen "Comfort", Intimität, Gemütlichkeit und das Bürgerliche in den modernistischen Stilen, als würden sie uns diese seit dem externalistischen Mittelalter jahrhundertelang gewachsenen Werte des Innerlichen und Individualismus ab-erziehen wollen. Die anti-modernistische Vorliebe für Großpapas Heim sei kein Konservativismus, sondern eine Priorität auf den Dingen, die die "Moderne" (ja selbst ein inzwischen bald greiser Stil) sich als Feindbild raussuche.
- Jede Menge StuhlKritik. Ein guter Stuhl erlaubt viel Bewegung, denn eine Position, die zu lange gleich bleibt, egal welche, tut dem Körper nicht gut! Und die alten Stühle sind da meistens flexibler als die Wassily-Stühle. Nur, komfortabel-alte Designs könne man halt in der Innovations-Manie Kapitalismus nicht so gut vermarkten wie unbequeme, die dafür hip und neu aussehen.
- "Comfort and Well-Being":
- Fortsetzung der "Comfort"-Verteidigungsrede gegen die Moderne. Und auch gegen die Postmoderne: einfach Moderne mit intellektuell verspielter Dekoration. Sich an Deko abarbeiten, sei aber eine oberflächliche Behandlung der Fragen.
- Eine Kritik der modernen Wohnung: Ihre Offenheit zerstört Privatsphäre und Intimität. Das sei auch einer der Hauptfaktoren für Ungemütlichkeit am Arbeitsplatz.
- "Can we really have coziness and robots?" (p.224) Vielleicht. Es ginge nicht um die Ablehnung von Technologie -- Viktorianer & Co. bewiesen, dass man Comfort und diese durchaus mixen kann. Sondern darum, sie auf die richtige Weise zu integrieren und an den richtigen Werten auszurichten.
- Kritik der Kritik des Begriffes "Comfort": Dass er so schwer zu definieren oder zu messen sei, bedeute nicht, dass er nicht existiere. Menschen scheinen ja durchaus eine Heuristik für "Comfort" bzw. "Discomfort" zu haben, wenn auch keine klare Definition; und sei er auch eine künstliche Illusion, so ist das halt mit den kulturellen Werten, die sind alle erst erfunden, gebaut worden, deshalb muss man sie ja nicht weniger ernst nehmen.