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Versions-Geschichte: "NetzDiskurs"
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Versions-Geschichte: "NetzDiskurs"

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2011-11-28 23:39:19 (rückgängig machen): AutoSum: [+] Ich entdecke in mir eine ansteigende Müdigkeit für die ganzen Debatten zum Internet, d… (?):
0a1,17
+ Ich entdecke in mir eine ansteigende Müdigkeit für die ganzen Debatten zum Internet, digitalen Zeitalter, Web, Facebook und Bla. Ich glaube, der Netz-intellektuelle Diskurs verliert massiv an Relevanz, gerät zu einer zumindest temporären Sackgasse.
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+ Ich bekomme den Eindruck, das Wesentliche ist für den Moment gesagt und gedacht; der Diskurs-Acker hinreichend bestellt, der Bedarf an Thesen erstmal gesättigt. Alles, was ich zu diesen Themen lese, zur Dynamik der Sozialen Netzwerke, zur Krise des Geistigen Eigentums, zu Datenschutz und Kontrollverlust, zur FilterBubble und Ambient Intimacy, zu Überwachung und Transparenz, zum Offenen Web und Geschlossenen Gärten, kommt mir vor wie schon tausendmal gehört, und alles, was ich selbst dazu schreibe, wie schon tausendmal gesagt, und alles, was ich beantworte, wie schon tausendmal gleichermaßen widerlegt und betätigt. 
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+ Das ständig Wiederholte wird zur Phrase, verkommt vom spontanen Geistesblitz zur festgefahrenen Ideologie, fühlt sich immer hohler an -- und zwar egal, ob es nun das Pro- oder das Kontra-Argument ist, der Freund oder der Feind, Utopie oder Dystopie. Mir klingt alles Reden über das Netz gleich öde und leer gefahren, die Plappereien der Gegner wie Befürworter, der Propheten und der Bewahrer. Sie werden dadurch nicht notwendigerweise falscher, aber sie bringen -- mir zumindest -- einfach kaum noch intellektuell interessanten Input. Es kommt mir so vor, als kenne ich alle Positionen und Argumentationsfiguren zur Genüge und werde da so bald nichts Neues mehr vorfinden.
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+ Als jemand, der jetzt gut anderthalb Jahrzehnte das Internet erkundet, verliert es so langsam als utopischer Raum seine Interessanz für mich. Das muss an sich gar nichts Schlechtes sein. Die Utopien von gestern sind die Langeweile von heute, weil sie Wirklichkeit geworden sind. Mein früheres Ich freut sich und kommt aus dem Staunen über das Heute kaum heraus, aber mein gegenwärtiges Ich zuckt mit den Schultern. Gewöhnung ist eingetreten, die Ansprüche sind mit den Möglichkeiten gestiegen: zu jeder Gelegenheit verfügbar eine sekundenschnelle Volltextsuche durch sämtliche gedruckten Bücher der Welt; das permanente Eingebundensein in einen GedankenStrom-HiveMind mit meinen viertausend engsten Freunden auf Twitter; die globale Infragestellung aller symbolischen Machtordnungen durch einen Umsturz in der KommunikationsKultur -- das alles entlockt mir nur noch ein "Ja, so ist das halt." All das umarme ich nicht mehr begeistert, sondern betrachte es längst als das außer Frage stehende Mindest-Maß.
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+ All das ist doch schon längst ausformuliert worden vor Jahrzehnten. Wir leben die kalifornischen Träume der Cyber-Libertären der 90er und 80er und der Hacker-Kultur der 70er und 60er Jahre des letzten Jahrhunderts, und das ist gut und richtig so. Aber, verdammt, das sind alles alte Zottelbärte inzwischen. Die Maschinen, auf denen sie Unix (bald ein halbes Jahrhundert alt) und das Web entwickelten, stehen in musealen Glas-Vitrinen. Ihre Manifeste tragen den Staub historischer Dokumente. Das ist doch alles längst nicht mehr Avantgarde und Star Trek: Das ist arriviert und wird kuratorisch gepflegt, und Nerdkultur hat längst ihren eigenen Konservativismus und ihre eigenen System-Erhaltungs-Funktionen entwickelt. Wo ist es denn noch kontrovers, das Netz und seine Möglichkeiten auszurufen? Vielleicht in Deutschland.
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+ Das Netz transformiert die Welt grundlegend, aber das tut es nun schon eine ganze Weile. Es lehrt mich nicht mehr das Staunen. Es ist jetzt einfach Teil des Bodens unter meinen Füßen. Es ist Naturgewalt geworden, also: mächtig, aber eigentlich kein ergiebiger Gegenstand politischer Diskussion. Wir sammeln Formeln für das, was hier abgeht: Moore's Law, Streisand-Effekt, Kontrollverlust, Post-Privacy. Aber die öffnen längst keine neuen Horizonte mehr, beschreiben nur noch das Hinzunehmende, mit dem man rechnen muss, mit dem man bauen kann. Eine Wissenschaft des Netzes eröffnet keine neuen Horizonte mehr, sondern bestimmt nur noch die Variablen, mit denen der Ingenieur zu arbeiten hat. Als Diskussions-Gegenstand ist dieses Forschungs-Feld inzwischen ungefähr so spannend wie Staudamm-Statik.
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+ Das heißt nicht, dass nicht noch Spannendes möglich wäre mit dem Netz, im Gegenteil: Baut und bastelt und experimentiert! Nur das Reden und Philosophieren darüber, das wirkt inzwischen so schal und bedeutungslos auf mich. Ich will lieber Code schreiben statt Manifeste über die Möglichkeiten des Code. Sicher schadet es nicht, durch Gerede die Möglichkeiten des Netzes breit bekannt zu machen, zu popularisieren; eine gute, verantwortungsvolle Arbeit. Aber neue Ideen purzeln aus dieser Richtung gerade nicht mehr auf mich zu. Es scheint mir eher eine Fleiß- und eine Vermarktungs- als eine Ideen-, Erfindungs-, Entdeckungs-Arbeit zu sein.
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+ Ich habe das Gefühl, das Spannende passiert längst anderswo. Klima- und FinanzKrise, der Nahe Osten, die Erschütterung der großen Erzählungen des Westens (Europa, Demokratie), Singularitarianismus vs. RohStoff-Apokalyptik. Keines dieser Themen wird man mehr unabhängig betrachten können von den Gewalten der Digitalisierung oder der Vernetzung; zuende gedacht konvergiert sicherlich alles miteinander. Aber so erschöpft, wie mir der Netz-Diskurs derzeit vorkommt, sehe ich in ihm kein Instrument, um damit diese Themen ergiebig anzugehen.
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+ Ich sehne mich nach Input aus anderen, ganz anderen Richtungen: Naturwissenschaften und Geschichte, Welt-Erfahrung und Meditation, Kunst und Spiel. Wie furchtbar eng und staubig kommt mir da stattdessen inzwischen eine Rollen-Definition als "Netz-Intellektueller" vor.
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