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LanghansFail

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Wir sind FAIL: erster Versuch einer Auswertung der misslungenen Einladung von Rainer Langhans auf die 0. Spackeriade

"Ihr seid #fail! @spackeria" schreibt @mh120480 als Antwort auf die Erst-Ein-und-dann-wieder-Ausladung von Rainer Langhans auf die 0. Spackeriade, den diesjährigen Spackeria-Kongress. Und hat damit IMHO recht: Wir (also das Spackeria-Orga-Team besagter Konferenz, zu dem ich gehöre) haben in der Sache ziemlich gefailt. Ich glaub, über diese General-Aussage sind sich alle einig. Differenzen in der Bewertung gibt es wohl nur bezogen auf das Ausmaß des FAILs und wo er genau liegt.

Die Einen sehen den FAIL darin, überhaupt Langhans einzuladen. Dieser Fraktion gilt Langhans als unzumutbar, weil er, je nachdem, wen man fragt, ein Dummkopf, ein Esoteriker, ein NaziFaschist, ein VergewaltigungsFörderer oder alles in einem sei. (Den Vorwurf, er sei ein SexMitKindern-Befürworter, hatte ich nach Hinweis hierauf auch noch erwartet, aber der blieb bisher aus.)

Die Anderen sehen den FAIL darin, ihn auszuladen, weil sie Langhans für eine Stimme halten, die anzuhören sich lohnen würde; weil er Interessantes zu den Themen, die die Spackeria interessieren, zu erzählen habe. Mit eben dieser Position habe ich selbst Langhans' Einladung verteidigt. Damit einher geht die Annahme, dass was auch immer Langhans getan oder gesagt hat an verfänglichen Dingen, nicht ausreicht, um ihn als Mitdiskutanten zu disqualifizieren. Ihn auszuladen, beraubt demnach die Spackeriade einem relevanten Wert.

Nicht immer klar einer dieser Parteinahmen zuzuordnen ist schließlich eine Position, wonach weniger Langhans himself die Frage sei, sondern viel mehr die Wendehälsigkeit der Spackeria in der Sache und der Verzicht auf ein klares Pro/Contra-Langhans-Statement am Ende dieses Vorgangs: Der eigentliche FAIL sei, dass die Spackeria Langhans aus Gründen der StressVermeidung auslade; weil sie den Shitstorm nicht abkann, anstatt wegen solider Argumente, die für oder gegen die Person Langhans sprechen. Vorgeworfen wird wahlweise ein Mangel an Rückgrat gegen Kritiker oder der Verzicht einer eindeutigen Distanzierung von Langhans.

Persönlich sehe ich den FAIL (in gewisser Nähe zu dieser dritten Position) vor allem darin, jemanden erst einzuladen und ihm Zeit zu rauben, um ihn dann wieder auszuladen; ich finde das einigermaßen unhöflich; umso problematischer, so die Gründe ein banales "wir wollten uns Stress ersparen" bzw. "es ist uns über den Kopf gewachsen" sind. Aber ich habe selbst am Ende diese Position eingenommen, weil ich sie schließlich unter den gegebenen Umständen die erträglichste fand: Es bestand Zeitdruck / wir wollten bis zum 10. Dezember über die Annahme/Ablehnung von Sessions basierend auf der Menge zur Auswahl stehender Slots entscheiden / Langhans sollte eine definitive Antwort gegeben werden, statt ihn ewig baumeln zu lassen / der Shitstorm band wichtige Ressourcen / und ja, auch für mich war Langhans in gewisser Weise am Ende eine unberechenbare Größe geworden. Ob er eine inhaltlich gute Wahl für die Keynote war, daran begann ich zu zweifeln, nachdem @fasel von seinen Gesprächen mit Langhans in Reaktion auf den Shitstorm erzählte.

Letzten Endes ist die Entscheidung nun getroffen. Ich stehe mit etwas flauem Gefühl immer noch dazu, sie unter den Umständen und meinem Kenntnisstand des Tages mitgetroffen zu haben. Vielleicht war es die falsche, wer weiß. Aber passiert ist passiert. Es hat bei mir möglicherweise bis sicher mit reingespielt: Uninformiertheit, Feigheit, Faulheit.

Wie hätte es besser laufen können? Wie kam es zu dem ganzen Schlamassel?

Vielleicht hätten wir die anfängliche Entscheidung zur Einladung von Langhans nicht so leichtfertig treffen, uns ausgiebiger darüber beraten sollen. Dann wären wir wohl entweder zu dem Schluss gekommen, es sein zu lassen; oder wären mit größerer Selbstsicherheit den ScheißeStürmen entgegen gesegelt, die ja durchaus auch abzusehen waren (sogar von uns antizipiert wurden). Wir hätten uns also entweder von Anfang an gegen eine Einladung von Langhans entschieden, oder uns sehr viel entschlossener (und mit stärkeren Argumenten) hinter eine solche Einladung gestellt.

Andererseits halte ich Leichtfertigkeit in der Beschäftigung mit Themen, Ideen, Personen durchaus für ein legitimes Mittel, und nachvollziehbarer wird das vielleicht, wenn ich den Begriff in andere übersetze: Spontaneität, der Intuition folgen, Unvoreingenommenheit. Auf diese Weise löst man vielleicht nicht alle wissenschaftlichen Fragen, aber zum Einbringen von DenkAnstößen und kreativem Potential kann es gelegentlich ganz nützlich sein. Ich schätze oft Leichtfertigkeit im Umgang mit Diskursen, und glaube auch, dass die Stärken der Spackeria mit einer gewissen Leichtfertigkeit zu tun haben, als loser aktionistischer Haufen ohne allzu viele Pflichten oder Treue-Schwüre.

Bei anderen Gelegenheiten waren wir IMHO sehr viel mutiger und konsequenter in der Verteidigung unserer Leichtfertigkeit. Der ScheißeSturm gegen die Langhans-Einladung war ja bei Weitem nicht der erste für die Spackeria. Warum diesmal die Feigheit?

Ich glaube, es liegt daran, weil wir normalerweise eigentlich recht unverfänglich trollen. Wir bloggen, twittern und geben Interviews, und das ist alles erstmal nur Text, und rutscht einem dabei wirklich ein harter Fehler raus, dann ist es trotzdem nur Text, und dazu längst vergangener, und dazu erstmal nur individueller, hinter dem nicht die ganze Mannschaft in KollektivSchuld stehen muss. In der Langhans-Sache dagegen ging es um das Organisieren eines kleinen Kongresses, das Treffen politischer Entscheidungen als Gruppe (wohlgemerkt: überhaupt uns als einen einigermaßen stabilen Gruppen-Körper zu denken, ist doch bereits un-spackig), das anhaltende Verteidigen solcher Entscheidungen zumal in Personal-Fragen und und und ... Kurzum: Mit der Spackeriade hat sich die Spackeria ziemlich unspackig Verantwortung, Bindendes, Politik aufgehalst.

Das hat uns als Spackeria wohl erstmal überfordert; und zwar in dem Sinne, als dass die Spackeria als Struktur gar nicht darauf eingestellt war. Mit der Leichtfertigkeit, mit der die Spackeria sonst in die Welt spuckt, z.B. einen Keynote-Speaker festzulegen, das wirft Probleme auf. Nicht unbedingt unlösbare: aber eben solche, auf die wir wohl nicht hinreichend vorbereitet waren. Plötzlich muss man auf Positionen beharren und sie verteidigen; Versprechungen abgeben und einhalten; Sandburgen stabil bauen, anstatt nur Löcher in die der anderen zu schießen. Plötzlich haben die eigenen Entscheidungen Macht und Schuld.

Vielleicht haben wir uns auch deshalb so leicht vom Anti-Langhans-Shitstorm triggern lassen. Vielleicht war es das schlechte Gewissen und die Unsicherheit in Anbetracht der Leichtfertigkeit, mit der wir die Einladungs-Entscheidung getroffen hatten; und andererseits vielleicht auch das Empfinden, in Verteidigung einer Einladung von Langhans sich in die Verteidigung von jemandem zu begeben, dessen man sich selbst in vielen der kritisierten Punkte nicht so sicher war.

Plötzlich nämlich ging es auch um Personalpolitik: nicht mehr darum, was Langhans möglicherweise zur Sache zu sagen haben würde, sondern um Langhans als politische Person insgesamt; um seine verschiedenen tatsächlichen oder unterstellten Positionen hierzu und dazu, Assange, Hitler, whatever; darüber, welchen Zeitungen er Interviews gegeben hatte und ob er in seinem Inneren ein Esoteriker oder Faschist oder Sexist sei; ob man so jemandem eine Plattform bieten dürfe, usw. Sich für oder gegen eine Person mitsamt ihrem politischen Ballast einzusetzen und auszusprechen -- das war eigentlich nicht, worum es uns ging, und trotzdem hatten wir uns am Ende genau in dieser Frage verfangen; zum Teil IMHO uns von Außen aufgenötigt; zum Teil aber natürlich auch von uns befeuert, weil wir so naiv waren, Langhans nicht nur als GesprächsPartner einzuladen, sondern ihn gleich die Eröffnungs-"Keynote" halten zu lassen, was wohl allgemein als Endorsement des entsprechenden Redners verstanden wird.

Besserungs-Ideen; Diskurs-Policy als Rückgrat

Ich glaube, die Aussage, die Spackeria habe in der Langhans-Ausladung einen Mangel an Rückgrat bewiesen, trifft ins Schwarze. Ich habe auch oben angedeutet, warum meiner Meinung nach dieses Rückgrat fehlt: Bisher funktionierte die Spackeria ganz gut und erfolgreich ohne Stabilität, Festigkeit, Eindeutigkeiten, Treue-Eide, Schuld und Verantwortung -- und erntete dafür Flexibilität, Spontaneität, AnpassungsFähigkeit, Intuition, Schnelligkeit. Sobald sie sich an konstruktiver Real-Politik und verpflichtenden Entscheidungen versucht, rächt sich das. Vielleicht müssen sich dann wirklich feste Prozeduren, Sicherheiten, Verbindlichkeiten entwickeln. Aber ich weiß nicht, ob das dann noch die Spackeria wäre, die mir Spaß macht und an der ich gerne mitwirken möchte.

Davon abgesehen kann ich mir auch eine andere Form von Rückgrat vorstellen: Nämlich eine gewisse Bereitschaft, zu Leichtfertigkeit, Offenheit, Spontaneität, Risikofreude an sich zu stehen und diese Prinzipien selbst zum Anker zu machen. Das hieße zum Beispiel: "Wir sind uns bewusst, dass Langhans kontrovers ist und manchmal merkwürdige Sachen sagt; aber wir gehen das Risiko ein, dass er Falsches erzählt. Hinterher können wir ihm ja immer noch widersprechen." Oder: "Keine Ahnung / egal, was Langhans sonst noch so ablässt, aber dieser Ausschnitt von ihm klang interessant, und das genügt uns schon als Einlade-Grund." Oder: "Vielleicht ist das gefährlich, was Langhans erzählt. Aber wer sich nicht auch an die gefährlichen Diskurse wagt, wird nie seinen Horizont erweitern." Und natürlich: "Mag sein, dass Langhans Ablehnung, Abscheu, Unwohlsein provoziert. Aber wir zwingen ja niemanden, ihm zuzuhören. Und filtern, was man an sich ranlässt, muss letzten Endes jeder für sich selbst; wir können nicht vorauseilend anderer Menschen Empfindlichkeiten berücksichtigen."

Solche Sätze schwebten während der Spackeria-internen Langhans-Debatte in meinem Kopf rum und durchliefen teilweise auch meine Tastatur. Sie bilden ganz gut meine ideale Position in der Frage ab; die reale wurde, wie gesagt, noch sehr von anderen Faktoren beeinflusst. Ich kann mir eine Spackeria hypothetisieren, in der solche Sätze anerkannte und bekannte Formeln sind, und unter diesen Umständen wäre der Entscheidungsprozess vielleicht anders verlaufen; aber ich habe keine Ahnung (bzw. eher Zweifel), ob diese Sätze unter meinen Mit-Spacken alle tatsächlich Konsens-fähig wären. Und ich will auch keine neuen offiziellen Normen für irgendeinen DiskussionsRaum verlangen, der bisher ganz gut ohne dieselben klar kam.

Nichtsdestotrotz schwebt mir eine Sammlung solcher Formeln vor -- als "ganz hilfreich in vielen Situationen"; als griffbereite Kurzform; als persönliche Orientierung für mich; als vielleicht ein mögliches, also zur Auswahl stehendes Rückgrat. Ich werde mal in meinem Wiki eine solche Sammlung anzufangen versuchen: DiskursPolicy

Kommentare

#0

mir stellt sich das so dar:

ich hab mich gefreut, als ich hörte, dass langhans spricht. ich halte das auch weiterhin für sinnvoll, denn ich glaube, dass das auf die eine oder andere weise ein guter imput ist. selbst dann, wenn man merkt, dass das so gar nicht passt.

deswegen fand ich es aber auch etwas zu bold langhans gleich die keynote zu geben. weil, dass ist ein etwas zu krasses statement. damit macht man sich seine punkte zu stark zu eigen, finde ich. aber gut, schlimm fand ich das auch nicht. nur etwas gewagt.

die dikussion um langhans / nicht langhans halte ich für kindergarten. ich wäre an eurer stelle da einmal drauf eingegangen und hätte die schreihälse sich dann heiser schreien lassen. wem seine vorurteile lieber sind, als sich mit positionen auseinanderzusetzen, soll halt wegbleiben.

umso enttäuschter bin ich, dass ihr euch von dem kindergarten habt treiben lassen. ja, man kann darüber diskutieren, ob man langhans haben will oder nicht. aber bitte vorher.

am schlimmsten, bei der nachlese des logs, fand ich dann die positionen "oh gott, langhans könnte themen ansprechen, die wir nicht haben wollen". was ist denn das für eine inhalte-kontrollfreakscheiße? wenn man jemanden einläd zu sprechen, dann spricht der halt worüber er sprechen will. ihn auszuladen, weil er postionen reinbringt und bezüge herstellt, die einem gefallen, ist sowas von 28c3, dafür braucht es dann keinen alternativkongress.

ansonten: die andreasdotorg hat ja mal voll ein rad ab.

mspro /
#1

Spricht Bände.

#2

im vorletzten satz fehlt ein "nicht".

mspro /
#3

langhans hat einen üblen faschismusbegriff, muss man eigentlich nicht drüber streiten. statt zu sagen "wir aber nicht", relativiert herr plom bei twitter sämtliche faschismusvorwürfe ever unter bezugnahme auf rainer werner fassbinder. habt ihr keine wikipedia?

zu dem beitrag bei der mädchenmannschaft: da sagen ein paar feministinnen "langhans wollen wir nicht wegen rape culture". statt dann einfach hinzunehmen, dass ihr euch unbeliebt gemacht habt, kommen argumente die auf "stellt euch mal nicht so an" hinauslaufen und, dass ihr wohl nicht an rape culture glaubt. dann sagt doch offen: ist uns egal, wenn ihr wegbleibt.

dieser fail war eine kombination aus langhans' kritikwürdigkeit geschuldetem gegenwind nicht abkönnen und dann - hier schon wieder - so tun als hätte man sich irgendeiner meinungspolizei fügen müssen. dass ist ja fast so armselig wie durchsichtig.

bernadette /
#4

Was für ein Kindergarten. Auf beiden Seiten.

Hyperkeks /
#5

Der Kindergartenpreis geht ja wohl eindeutig an das #spack0-orga-team und den Kontrollverlust-Ideologen mspro, der den Kontrollverlust der #spackeria in dieser Sache nicht wahrnimmt bzw. wahrnehmen will.

Kobold /

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