Buch Michael Heinrich: "Kritik der politischen Ökonomie. Eine Einführung" / 2005. (Behandelt "Das Kapital" von Karl Marx und teils Friedrich Engels.)
Lektüre-Notizen:
- Vorwort:
- "Kapitalismus und 'Marxismus'":
- "Was ist Kapitalismus?":
- Klassen und Ausbeutung gibt es nicht nur im Kapitalismus. In allen bekannten Gesellschaften gibt es herrschende und beherrschte Gruppen (Klassen), und stets lassen erstere letztere in den Unterhalt ersterer schuften (Ausbeutung). Siehe: Sklavenhaltung, Bauernknechtschaft; aber eben auch: Bourgeoisie und Proletariat.
- Besonderheiten der kapitalistischen Klassengesellschaft/Ausbeutung gegenüber ihren Vorgängern:
- (Finde GegenBilder antiker Ausbeutungs-Motivation fragwürdig: als hätten antike SklavenHalter v.a. für eigenen Luxus ausgebeutet, Krieg geführt; ihr Luxus diente ihrem Ansehen und damit gesellschaftlichem überleben; es war Pflicht, FamilienSchatz zu sichern/vergrößern; Rom brauchte stets neue Sklaven, und für seine Veteranen Ländereien.)
- "Kapital" ist die WertMenge, die in Vergrößerung der (sie einschließenden) verfügbaren WertMenge investiert wird. Handels-Kapital dient dem Einkauf von Waren, um sie teurer zu verkaufen. Zins-Kapital wird gegen Zinsen verliehen. Für industrielles Kapital wird etwas produziert, um es teurer als die ProduktionsKosten zu verkaufen.
- Kapitalisiert wird, wo es Geld- und TauschWirtschaft gibt. Vom Kapitalismus proper spricht man aber erst, wenn die Güter-Erzeugung einer Gesellschaft vom industrielle Kapitalisieren dominiert wird: Produziert wird für den VerkaufsProfit, nicht für den Bedarf.
- Kapitalismus wächst im Europa der NeuZeit. Noch mittelalterliche KreuzZüge sind eher Handels- bzw. RaubKapitalisierung. HandelsKapitalisten wechseln bald vom günstigen Einkaufen ihrer VerkaufsWaren aufs günstige Produzieren; angetrieben von Kolonialisierung anderer Kontinente, ausbeutbar in BodenSchätzen und SklavenMaterial.
- "Die Entstehung der Arbeiterbewegung":
- "Marx und der 'Marxismus'":
- Karl Marx entstammt liberalem rheinischen Kleinbürgertum und startet als Staats-idealisierender Radikal-Hegelianer. Für anti-preußische Zeitungs-Arbeit in den frühen 1840ern muss er sich aber vermehrt mit Wirtschaft beschäftigen. Hierbei und unter Einfluss Ludwig Feuerbachs wächst Distanz zu Hegel.
- Unter Feuerbachs Einfluss menschelt Marx, schwadroniert von Eigenheiten und Besonderheiten des menschlichen Wesens und adelt sie. Er erkennt in der kapitalistischen Lohn-Arbeit etwas, das vom eigentlichen menschlichen Potential zur Selbst-Entfaltung und damit dem edlen Mensch-Sein "entfremde"; Theorie der "entfremdeten Arbeit".
- Später, bereits mit Engels, löst Marx sich von der EntfremdungsTheorie. Ihn interessiert kein in Stein gehauenes menschliches EigenWesen mehr, sondern der Mensch als SpielBall gesellschaftlicher Faktoren. Bruch mit, Kritik an Feuerbach. Ob der späte Marx der EntfremdungsLehre entsagte, ist StreitPunkt zwischen diversen Marxismen.
- 1848 mit Engels "Manifest der kommunistischen Partei"; hierin eher inspirierte statt theoretisch sichere revolutionäre Skizze/Analyse (u.a. später zurückgenommen: dass der Kapitalismus das Proletariat notwendig immer weiter verelende). Mit Kollaps der 1848er Revolution Flucht nach London.
- Dort verbleibende Jahrzehnte Arbeit an einer wissenschaftlichen Analyse des Kapitalismus und seines bisherigen Verständnisses / "Kritik der politischen Ökonomie". Diverse Anläufe. Schließlich 1867 erster Band "Das Kapital". Band 2 und 3 nur postum mit Hilfe von Engels.
- In London 1864 Mitgründung und wesentliche Beinflussung der "Internationalen Arbeiter-Assoziation" / "International Workingmen's Association" ("Erste Internationale"). Aus der sprießen sozialdemokratische Parteien Europa-weit; Marx und Engels stehen beratend zur Seite. 1876 löst sie sich auf, teils obsoletiert, teils im Streit.
- Friedrich Engels: deutscher Fabrikanten-Sohn, bekommt bei Lehr-Reise in England Auswüchse des FrühKapitalismus zu sehen. Verfasst breiter als Marx selbst in der ArbeiterBewegung gelesene Schriften wie "Anti-Dühring" (und Kurzfassung "Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft"), die Marx-Grundzüge popularisieren.
- Arbeiter-Bewegung entwickelt sich zur Identitäts-Politik und sucht nach Welt-auserklärenden einfachen sozialistischen Formeln und Dogmen. Eugen Dühring, anti-marxistischer (und rassistischer) Sozialist, bot hier ein philosophisch-politisches GesamtPaket. Der "Anti-Dühring" macht marxistisches Gegen-Angebot, wird breit angenommen.
- "Anti-Dühring"-Schule gerät in Arbeiterbewegung (und bis WK1 SozialDemokratie) unter Einfluss von Karl Kautsky (und den postum über seine KampfSchriften zum Theoretiker umgemünzten Lenin) mit eigener Logik ("dialektischer Materialismus") und Eschatologie ("historischer Materialismus") zum immer flacheren "Weltanschauungs-Marxismus".
- Breite Vorstellungen vom Theorie-Gebäude Marxens beziehen sich weniger auf das, was Marx geschrieben hat, als auf diesen historisch weit über ihn hinaus gewachsenen Weltanschauungs-Marxismus. Der wurde spätestens ab den 1930ern tatsächlich dogmatisch-quasi-religiöser Erfüllungs-Gehilfe sowjetischer StaatsPolitik.
- Ab 1910ern Spaltungen in der extrem mächtigen deutschen SozialDemokratie. Lenin unterstützte bis zur KriegsKrediteBewilligung den rechten Flügel gegen Rosa Luxemburg. Ab 1920ern eine immer weniger auf Abschaffung des Kapitalismus fixierte, immer weniger marxistische SPD vs. immer weltanschauungsMarxistischere Kommunisten.
- Ab 1920ern vermehrt marxistische GegenKritik gegen WeltAnschauungsMarxismus. Theoretiker Karl Korsch, Georg Lukacs, Antonio Gramsci und die Frankfurter Schule, später auch unter StundentenBewegung und Louis Althusser; neue Marx-Rezeptionen jenseits der Dichotomie SPD-KPD.
- "Der Gegenstand der Kritik der politischen Ökonomie":
- "Theorie und Geschichte":
- "Theorie und Kritik":
- Marx übernimmt auf den ersten Blick das theoretische Gerüst der "klassischen" WirtschaftsTheoretiker Adam Smith und David Ricardo; insbesondre die Verbindung von Wert einer Ware und in sie investierter ArbeitsZeit. Lange galt, dass er nur zu anderen Schlüssen als diese käme (Einbringen von Ausbeutung und Krise in die Debatte).
- Der moderne Ökonom lehnt Marx schon deshalb ab, weil er die "klassische" WirtschaftsTheorie, auf die Marx sich zu stützen scheint, insbesondre in ihrer ArbeitsWertLehre für überholt hält.
- Marx geht es aber (auch?) um Dekonstruktion der ideologischen Grundlagen der WirtschaftsTheorien seiner Zeit. Er sieht "Kategorien", unausgesprochene oder unhinterfragte VorAnnahmen, etwa zur Neigung des Menschen, zu tauschen bzw. die Dinge der Welt als Waren zu sehen, die er explizit und so hinterfragbar machen will.
- Für Marx finden sich im Denken der kapitalistischen Gesellschaft, ihren Theoretikern und der Bourgeoisie, Tendenzen, gesellschaftlich gemachte/eingeübte kapitalistische Verhältnisse/Zusammenhänge zu "naturalisieren", als natürlich zu erklären, und sie zu "verdinglichen": sie den Dingen als inhärente Eigenschaft zuzuschreiben.
- Marx will das Destruktive der kapitalistischen ProduktionsWeise zeigen; wie sie zwangsläufig zum Nachteil der Arbeiter wirkt. Das ist keine moralische Anklage. Die Arbeiter sollen nur erkennen, dass ihr Wohl und das des Kapitalismus dauerhaft gegeneinander stehen; dass seine Abschaffung ihrem Interesse entspricht.
- "Dialektik – eine marxistische Wunderwaffe?":
- Beliebt (u.a. im "Parteimarxismus"): rhetorische Formel, der DiskussionsGegner sehe etwas nicht hinreichend "dialektisch". Wer so spricht, soll erklären, was er damit meint; vermutlich gerät er darüber ins Stottern. Weder die Texte von Hegel noch von Marx geben Lesern einen argumentativen Zauberstab "Dialektik" an die Hand.
- Bei Engels im "Anti-Dühring" meint "dialektisch" schlicht non-lineare, sprunghafte, widersprüchlich wirkende Entwicklungen, v.a., wenn neue Quantität zu neuer Qualität führt, und "Negation der Negation": Ausgangszustand A1 wird zu B=(!A1), gefolgt von A2=(!B)=(!(!A1)), wobei A2 eine gegenüber A1 höhere Entwicklungsstufe von A bildet.
- Für Engels sortiert derartige "Dialektik" erstmal nur die Form von Vorgängen ein, sagt an sich aber wenig über diese aus (und lässt sich auch kaum beliebig als Formel auf alles anwenden). Weltanschauungsmarxisten indes erklären sich einfach alles (und jeden beliebigen Widerspruch) damit, es sei Teil "dialektischer" Vorgänge.
- Marx spricht gelegentlich über eine Hegel-inspirierte "dialektische Methode", die er im "Kapital" anwende. Darüber sei vorerst nur gesagt, dass er die analysierten "Kategorien" "dialektisch darstellt", was meint: Sie werden so erläutert, dass die jeweils nächste ihre Notwendigkeit aus den zuvor erläuterten begründet.
- "Wert, Arbeit, Geld":
- (Dieses Kapitel behandelt den sehr anspruchsvollen Komplex der Marxschen WertTheorie, die in den Notizen auf dieser Seite hier nur oberflächlich und entlang der Heinrichschen Interpretation / Zusammenfassung dargestellt werden kann. Unter WertTheorie fasse ich mein langsam auch entlang anderer Quellen wachsendes Verständnis dieser Theorie nochmal für sich zusammen.)
- "Gebrauchswert, Tauschwert und Wert":
- Die meisten Güter in kapitalistischen Gesellschaften sind Waren: Güter, die getauscht werden. Neben ihrem GebrauchsWert (ihrer individuellen Nutzbarkeit etwa qua ihrer stofflichen Beschaffenheit) besitzen sie TauschWerte. Ersteren hält das Gut für sich, zweitere existieren nur gesellschaftlich (im Tausch).
- Solcherart haben Waren für Marx eine doppelte Form: Sie haben eine Naturalform (ihre stoffliche Beschaffenheit) und eine gesellschaftliche Form (die sich etwa in ihren TauschWerten niederschlägt).
- Wo viel getauscht wird, stabilisieren sich der Güter TauschWerte/TauschVerhältnisse (wieviel Eier für wieviel Leinen, wieviel Leinen für wieviele Stühle, wieviele Stühle für wieviele Eier) zueinander. In diesen Verhältnissen drücken sich der Güter Werte aus. Woraus besteht diese gemeinsame Qualität des Werts, in deren (wonach bestimmten?) Größen Waren einander verrechenbar werden?
- Marx antwortet im Geiste der Lehren seiner Zeit mit: der "Arbeit" hinter der Ware. Der Waren Wert drückt aber nicht direkt die individuellen Mühen der Arbeiter aus, die sie schufen. Arbeiten sie etwa gegenüber dem gesellschaftlichen Durchschnitt unterdurchschnittlich produktiv, schaffen sie mit mehr Mühe weniger Wert.
- Die Durchschnittsproduktivität, an der die Arbeiter sich dann messen, ist die "gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit" zur Erzeugung einer Ware. Die variiert nicht nur mit dem Durchschnitts-Können der Arbeiter, sondern z.B. auch mit sich wandelnden technischen Möglichkeiten und verfügbaren Natur-Ressourcen.
- Für den Stino-Marxisten sind diese paar in den ersten sieben Seiten des "Kapital" skizzierten Punkte bereits alles, was man über die Marx'sche WertTheorie wissen muss. Dabei lässt sich bis hier noch keine nennenswerte Differenz zu Marx' Ökonomisten-Vorgängern erkennen.
- Die "Arbeitswerttheorie", auf die Marx sich stützt, konkurriert mit der "Nutzentheorie des Werts". Erstere kontert letztere damit, Wasser sei nützlicher als Diamant, aber billiger (WasserDiamantParadox). Letztere kontert erstere damit, dass auch unbearbeiteter Boden TauschWert hat, und manches nur geringfügig erarbeitete KunstWerk sogar absurd großen.
- Auch Dienstleistungen taugen als Waren. Sie unterscheiden sich von den Marxschen Beispielen veräußerter toter Objekte nur dadurch, dass bei ihnen Produktion durch den Arbeiter und Konsum durch den Käufer gleichzeitig stattfinden.
- Jede TauschWirtschaft praktiziert ArbeitsTeilung (denn würde jeder autark für sich alles Nötige produzieren, müsste ja niemand tauschen). Aber nicht jede ArbeitsTeilung funktioniert tauschwirtschaftlich.
- "Ein Beweis der Arbeitswerttheorie? (Individuelles Handeln und gesellschaftliche Struktur)":
- (Neo-)Klassische Ökonomen verorten Bestimmung des TauschWerts (sei es über Arbeit, sei es über Nutzen) in individuellen Entscheidungen/Einschätzungen der Tauschenden. Marx sieht eher die gesellschaftliche Natur dieser Entscheidungen. TauschLogik (oder auch: inwieweit Arbeit hinter den Waren die TauschWerte bestimmt) wird gesellschaftlich entschieden, der einzelne Tauscher mitgezogen.
- Wir können nicht anders, als rege und gierig/geizig mitzutauschen, wollen wir überleben, wo TauschWirtschaft dominiert. Zugleich stärkt dies MitSpiel deren Dominanz. Adam Smith sah Tausch-Trieb indes nicht als Gesellschafts-bestimmt, sondern als menschliche Eigenheit; verlagerte ihn so in Natur und Individuum.
- Marx interessiert nicht, ob der einzelne TauschWert tatsächlich sauber die einzelne Arbeit abbildet. Ihn interessiert das TauschWertSystem als das, was gesamtgesellschaftlich die Proportionen bestimmt, nach denen ArbeitsKräfte in Erzeugung dieser oder jene Güter, Befriedigung dieser oder jener Bedürfnisse investiert werden.
- "Abstrakte Arbeit: Realabstraktion und Geltungsverhältnis":
- "'Gespenstische Gegenständlichkeit' – Produktions- oder Zirkulationstheorie des Werts?":
- Abstrakte Arbeit gerät in der Ware zur "Wertsubstanz" oder "Wertgegenständlichkeit". Der Wert wird dem Gegenstand (von wem? dem bürgerlichen Alltags-Verstand?) zugeschrieben, als sei er ihm zu eigen. Dabei existiert er nur als Verhältnis zu anderen Waren. Diese paradoxe Gegenständlichkeit nennt Marx "gespenstisch".
- Im Tausch ermittelt sich als Wert eben keine Eigenheit des getauschten Guts, sondern das Verhältnis der individuellen Arbeit hinter diesem Gut zur "gesellschaftlichen Gesamtarbeit". (Das Tausch-Verhältnis ist das Mittel der Wahl, um die eine Arbeit als gesellschaftlich wichtiger einzuschätzen als die andere.)
- Auch traditioneller Marxismus tut sich schwer, Wert als Verhältnis zu verstehen. Gängig ist die ("substanzialistische") Sichtweise, schon Produktion bzw. Arbeit schreibe den Wert fest / ins noch ungetauschte Gut ein. Die Mühe, zugleich Produktion und Tausch als das zu denken, was den Wert festlegt.
- Auch der Kapitalist kennt nicht den Wert des Produkts, das er produzieren lässt, bevor er eben das Produkt verkauft. Er kann ihn nur durch Erfahrung, Marktanalyse usw. voraus-schätzen und dabei auch mal schmerzlich daneben liegen.
- "Wertform und Geldform (Ökonomische Formbestimmungen)":
- "Geld und Austauschprozess (Handlungen der Warenbesitzer)":
- "Geldfunktionen, Geldware und das moderne Geldsystem":
- "Das 'Geheimnis' von Waren- und Geldfetisch":
- "Kapital, Mehrwert und Ausbeutung":
- "Der kapitalistische Produktionsprozess":
- "Die Zirkulation des Kapitals":
- "Profit, Durchschnittsprofit und das 'Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate'":
- "Zins, Kredit und 'fiktives Kapital'":
- "Krise":
- "Der Fetischismus der bürgerlichen Verhältnisse":
- "Staat und Kapital":
- "Kommunismus – Gesellschaft jenseits von Ware, Geld und Staat":