Anordnung:
Ich versuche, mich aus "Drama" fernzuhalten. Leider habe ich noch keine wasserdichte Definition für "Drama". Aber ich habe den Eindruck, ich bin mir inzwischen oft genug bewusst, wann ich meine Zeit daran verschwende; ich habe Situationen, wo ich weiß, beschäftige ich mich jetzt mit dieser oder jenen Diskussion, vergebe ich mich ans "Drama". Bei diesen Situationen will ich mich nun disziplinieren:
Jede TagesStunde (d.h. jede der vierundzwanzig 60-Minuten-Zellen des Tages), in der ich mich bewusst auf "Drama" einlasse (darin absichtlich / gezielt mitlese oder mitdiskutiere), kostet mich 1 Euro; unabhängig davon, ob ich in dieser angerissenen Stunde nur eine Minute daran verschwende oder die volle Zeit. Mangels einer guten Definition für "Drama" vertraue ich erstmal auf meine Intuition, was für mich als "Drama" zu zählen habe; im Verlauf des Monats erkenne ich hoffentlich konkrete Muster, an denen ich es in möglichen nachfolgenden MonatsProjekten festmachen könnte.
Protokoll:
- 2013-02-01: Ende der Stunde 19h-20h lasse ich mich dazu verführen, ein bestimmtes TwitterProfil auf der Suche nach dortigen Drama-Tweets zu laden. Strafe: 1€.
- 2013-02-02: Bei mehreren Gelegenheiten reiße ich mich zusammen und vermeide das Drama. Ein zwei Gelegenheiten ergreife ich, wo ich überlege, ob sie als DramaOpfer zählen oder nicht; ich entscheide mich dafür, sie nicht als Drama zu zählen
- 2013-02-03: Heute hatte ich eh kaum InternetZeit, also gab es auch keine nennenswerten Drama-Versuchungen.
- 2013-02-04: Kein Drama, keine Kosten.
- 2013-02-05: Heute habe ich mehr oder weniger bewusst in eine Drama-Konversation auf Twitter reingeschaut. Ich überlegte kurz im Halbschlaf und rechtfertigte es mir sehr halbgar; nachher überlegte ich etwas strenger und kam zum Schluss: Das war nicht gerechtfertigt! 1€ StrafGebühr. Regel: Wenn mir der Verdacht aufkommt, eine beabsichtigte Handlung könne ins Drama-Territorium vorstoßen, muss ich mir eine solide Begründung ausdenken, warum der Vorstoß nicht als Drama-Opfer zählt; sonst StrafGebühr.
- 2013-02-06: Heute bin ich zweimal an einer StrafGebühr vorbeigeschlittert, indem ich meine potentiellen Drama-Exkursionen entschuldigt habe mit: "Es klingt nach möglichem Drama, vielleicht ist es aber auch relevant oder ungefährlich; ich will erstmal die Lage abschätzen. Sobald ich es als Drama identifiziert habe, wende ich mich ab." In beiden Fällen war die Exkursion sehr kurz.
- 2013-02-07: Heute hatte ich ein zwei SelbstRechtfertigungs-Momente, die wie im gestrigen Beispiel verliefen. Aber auch einen Moment, wo mein initiales Interesse davon abgetötet wurde, dass es mir zu mühselig schien, mich gegen die Drama-StrafGebühr zu rechtfertigen. Und soviel wert, Geld dafür auszugeben, war es mir dann doch nicht; ich klickte das Drama also nicht an und fuhr mit wichtigeren Dingen fort.
- 2013-02-08: Auch heute wieder habe ich erfolgreich Klick-und-NachLese-Interessen abgewürgt, weil sie ins Drama-Territorium zu führen drohten.
- 2013-02-09: Bin heute einige Risiken eingegangen – habe ein bisschen zum AntiRassismus-Training von Jane Elliott und zum Begriff "Gutmensch" gelesen und getwittert. Aber stets vorher sorgsam drüber nachgedacht, ob das ins Drama-Territorium führt, und mir strenge Grenzen der Beschäftigung mit den Fragen, Protagonisten, Texten gesetzt und eingehalten. Also: keine StrafGebühren!
- 2013-02-10: Inzwischen habe ich es wohl ganz gut unter Kontrolle. Wieder ein zwei Mal einer Neugierde nicht nachgegangen, weil ich sie mir gegenüber meiner inneren Drama-Warnung nicht rechtfertigen konnte.
- 2013-02-11: Alles unter Kontrolle, ein paar Mal eine Aufmerksamkeit gegenüber einem potentiellen Drama-Anlass nicht vertieft, weil zu knauserig für StrafGebühr und zu faul für RechtfertigungsVersuche.
- 2013-02-12: Keine DramaKosten generiert.
- 2013-02-13: Heute konnte ich mich mal nicht zurückhalten und habe etwas zu tief ins Personal-und-Feminismus-Debatten-Arschloch der PiratenPartei gestoßen. Aber nicht mehr als eine Stunde. 1€ StrafGebühr.
- 2013-02-14: Keine Zeit für Drama gehabt!
- 2013-02-15: Keine Zeit für Drama gehabt!
- 2013-02-16: Keine Zeit für Drama gehabt!
- 2013-02-17: In den frühen MorgenStunden, auf der Party, im interpersonellen Gespräch vielleicht etwas zu rege nach Drama-Themen inquiriert. Erteile mir dafür 1€ StrafGebühr.
- 2013-02-18: Keine Zeit für Drama gehabt!
- 2013-02-19: Hatte im IRC heute eine Auseinandersetz hart an der Grenze zum Drama. Rückblickend hielt ich die Gesprächsführung aber für angemessen und notwendig und erteile mir deshalb keine StrafGebühr.
- 2013-02-20: Irgendwie kann ich mich an kein Drama-Lama erinnern.
- 2013-02-21: Kein Drama-Anlass heute.
- 2013-02-22: Heute vor der MorgenRoutine bin ich bewusst in DramaDiskurs reingeschlittert, habe also das Gekloppe rund um Kaddas DDR-Twitter-Text nach-recherchiert; und in der angefangenen Stunde dann noch eilig ein paar Drama-Accounts überflogen, denn die 1€-StrafGebühr für diese Stunde war ja nun so oder so fällig. Stellte aber fest, dass ich nix groß verpasst hatte durch die Meidung in den letzten Wochen.
- 2013-02-23: Kein Drama-Anlass heute.
- 2013-02-24: Kein Drama-Anlass heute.
- 2013-02-25: Verschwende Zeit an die SozialMedien-Empörungen rund um die Oscars, also genauer gesagt, bezogen auf SethMacFarlane und TheOnion. Zwei angebrochene Stunden in der Nacht; eine nach dem aufstehen (auch wenn nur für ein paar Minuten); gerade wieder eine begonnen … Macht schon 4€ StrafGebühren.
- 2013-02-26: Heute gab es auf Twitter Drama um die @adainitiative, und ich wandte mich dem etwas zu viel zu. Dabei wurden drei TagesStunden vom Drama zumindest angerissen. 3€ StrafGebühren.
- 2013-02-27: Drei angerissene DramaStunden. 3€ StrafGebühren.
- 2013-02-28: Drei angerissene DramaStunden. 3€ StrafGebühren.
Auswertung:
Erstmal: Die Summe der StrafGebühren beläuft sich auf 18€.
Der Großteil des Monats lief recht Drama-frei. Aber nicht mehr ab den Oscars. In den letzten Tagen des Monats setzten gleich mehrere Twitter-Dramen ein, denen zu widmen es mich drängte. Und ich hatte kaum schlechtes Gewissen und den Eindruck, ja den Rest-Monat schon genug Drama-Distanz gewonnen zu haben.
Was für Drama-Regeln haben sich in meinem Kopf entwickelt? Erstmal: die Meidung der Lektüre bestimmter Personen oder Seiten. Wenn ich mich auf Blog x oder Twitter-Konto y verirrte, war klar: Das ist jetzt höchstwahrscheinlich Drama. Ich unterhielt in meinem Kopf eine Liste.
Zu Anfang mied ich auch noch bestimmte Themen. Aber das schrumpfte bald auf die obige Regel, bestimmte Blogs und Twitter-Konten zu meiden. Es ist schwieriger, Themen als Drama zu qualifizieren, als (zumindest temporär) Personen. Meine Interessen sind vielleicht einfach zu breit, als dass ich davon pauschal bestimmte Fragen ausschließen könnte.
Gleichzeitig entwickelte ich auch Legitimationen. Bestimmte Twitter-Konten etwa sortierte ich mir zur Drama-freien Lektüre, egal was sie twitterten, weil mir die Menschen hinreichend vernünftig schienen. Und ich erlaubte mir auch den Blick in Drama-Verdachts-Zonen, wenn ich es mir im Kopf ordentlich mit einer plausiblen Ausrede rechtfertigen konnte. Das klappte insofern, als ich viele Male vor dieser Rechtfertigungs-Mühe kapitulierte und es stattdessen einfach bleiben ließ.
IMHO größtes Problem der diesmonatigen Anordnung: die Regel der angefangenen vollen Stunden, die die gleiche StrafGebühr verteilen, egal ob ich nur ein paar Minuten oder eine ganze Stunde Drama studiere. Die Folge: Eine einmal bezahlte angefangene Stunde musste bis zum Ende ausgenutzt werden. Deshalb mein Entschluss, im NachFolgeMonat nach ViertelStunden abzurechnen.
Wer bekommt das Geld?